»Wir sparen, damit sie sparen« - so wirbt die Baumarkt-Billigkette Zack. Bei einer Übernahme in Dresden werden zuerst Dutzende Mitarbeiter eingespart. Die wehren sich mit Streik.
Es ist nicht so, dass im Baumarkt im Dresdner Kaufpark Nickern bislang paradiesische Arbeitsbedingungen geherrscht hätten. Auf der oberen Etage betreut eine Kollegin zehn Abteilungen auf 3500 Quadratmetern: Regale füllen, Kunden beraten. »Weniger Leute«, sagen die Mitarbeiter, »geht gar nicht.« Geht doch, sagt der neue Eigentümer. Anfang September wechselte die bisherige Filiale von »Marktkauf« zur »toom«-Kette. Die Tochter des Rewe-Konzerns erwarb insgesamt 133 Märkte der Edeka-Tochter - nach der Einverleibung von »Max Bahr« durch »Praktiker« eine weitere spektakuläre Übernahme in der hart umkämpften Baumarkt-Branche. Der Verkauf der defizitären Sparte, bei dem Edeka noch 120 bis 150 Millionen Euro draufgelegt haben soll, wurde Ende August auch von den Kartellbehörden genehmigt. Schon unmittelbar nach Unterzeichnung des Kaufvertrags im Mai verkündete Rewe, man werde »für jeden Standort das optimale Vertriebs- und Betreiberkonzept« finden. Verwiesen wurde auch auf die eigene Discountmarke Zack, die sich »mit einem gestrafften Basissortiment an preisorientierte Heimwerker« wenden soll - kerniger Slogan: »Zack & weg!« Weg sind, wie die Mitarbeiter in Dresden erfuhren, zu allererst ihre Arbeitsplätze. Laut Gewerkschaft ver.di könnten in der Filiale im Dresdner Süden, wo dem Vernehmen nach ein Zack-Markt entstehen soll, von 31 womöglich nur sieben Mitarbeiter bleiben. Neben der Kundenberatung blieben zwei Dutzend Jobs auf der Strecke. Die Belegschaft ist erbost - um so mehr, seit sie erfuhr, dass ein bei »Marktkauf« bestehender Sozialplan hinfällig sein soll. Statt dessen soll eine Vereinbarung greifen, die Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat von »toom« geschlossen haben - noch vor Inkrafttreten des Verkaufs, wie die Dresdner ver.di-Sekretärin Heike Flaxa anmerkt. In dem butterweichen Vertrag heißt es, zur »Sicherung der Ertragsfähigkeit« könne es zu Entlassungen und Umsetzungen kommen. Der Betriebsrat »geht davon aus«, dass diese sozialverträglich erfolgen. Ver.di indes geht davon aus, dass diese »Vereinbarung zu Lasten Dritter« unwirksam ist; bundesweit gebe es schon 60 Klagen, sagt Flaxa. Die Belegschaft in Dresden-Nickern begnügt sich mit rechtlichen Schritten nicht. Nach einer Betriebsversammlung früh um sieben blieben die Ladentüren am Mittwoch voriger Woche geschlossen. Seither gibt es immer wieder Arbeitsniederlegungen. Der Streik, heißt es, sei einerseits Teil der laufenden Auseinandersetzungen im Einzelhandel: Die Arbeitgeber wollen in der aktuellen Tarifrunde unter Verweis auf gelockerte Öffnungszeiten viele Zuschläge kürzen, was Einbußen von bis zu 2000 Euro jährlich zur Folge hätte. Daneben kämpfen die Dresdner für Beschäftigungssicherung: »Unsere Leute«, so eine Verantwortliche, »sollen weiter in diesem Geschäft arbeiten dürfen.« Während Dresdner Beschäftigte anderer Handelsunternehmen den Streikenden den Rücken stärken, reagiert das Management frostig. Auf einer Streikversammlung im Hinterzimmer des Lokals »Obstgarten« verlas Flaxa am Donnerstag einen Brief, in dem die Rechtmäßigkeit des Streiks angezweifelt wird. Ver.di hält dagegen: Ein Bundesgericht habe im Frühjahr 2007 geurteilt, dass zur Beschäftigungssicherung bei Betriebsübergängen gestreikt werden darf. Beschlossen wird spätnachts im »Obstgarten« schließlich, vor einer Fortsetzung des Streiks ein Angebot der Chefetage zu Verhandlungen abzuwarten. Angesichts angedeuteter Zugeständnisse rät Flaxa indes zur Vorsicht: »Nach vier Tagen Streik erzählen die viele schöne Dinge.« Nächste Woche könnte der Ausstand weiter gehen.
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