Hamburger Preisschock

Studie des Gymnasiums Ohmoor zu Mieten in Hamburg und Umland: Rasanter Anstieg auch bei den Neuverträgen

  • Volker Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Nächster Schock für Hamburgs Mieterinnen und Mieter: Nach dem sprunghaften Anstieg der Energiekosten sowie der Inflationsrate erreichen auch die Mieten nicht nur in der Hansestadt, sondern auch im Umland neue Rekordwerte. Laut der aktuellen Studie der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Ohmoor im Hamburger Stadtteil Niendorf werden bei der Neuanmietung von Wohnraum im Stadtgebiet durchschnittlich 14,25 Euro pro Quadratmeter fällig. 2021 waren es noch 13,40 Euro. Zuzüglich Betriebskosten (rund 3,11 Euro pro Quadratmeter) müssen Mietinteressenten heute demnach 17,37 pro Quadratmeter aufbringen.

Seit 36 Jahren erheben Geografieschüler der zwölften Jahrgangsstufe des Gymnasiums Daten zum Hamburger Wohnungsmarkt. Seit anderthalb Jahrzehnten kennen die Neuvertragsmieten dabei – von kurzen Verschnaufpausen abgesehen – nur eine Richtung: nach oben. Im Jahr 2010 wurden bei Neuvermietungsangeboten im Durchschnitt noch 10,24 Euro verlangt, heute sind es vier Euro mehr. Weil die Nachwuchsgeografen die Studie, die die Angebotsmieten auf dem freien Markt erfasst, seit 1986 nach derselben Methode erstellen, hat sie einen enorm hohen Aussagewert.

Als Grundlage der Untersuchung dienten mehr als 8000 anonymisierte Datensätze, die vom Internetportal Immonet zur Verfügung gestellt worden waren. Zudem hat der Geografiekurs auf anderen Portalen weiteres Datenmaterial zu den 104 Hamburger Stadtteilen und den Umlandkreisen gesammelt und dabei festgestellt, dass die Mieten in den angrenzenden Landkreisen mit 7,16 Prozent noch stärker gestiegen sind als in Hamburg selbst (6,32 Prozent).

Den größten Anstieg im Umland gab es in Stade um 9,5 Prozent auf nun 9,49 Euro. In Pinneberg wurden Wohnungen durchschnittlich um 6,7 Prozent teurer und kosten jetzt 10,87 Euro. Nur im Landkreis Stormarn ist das Wohnen mit 11,43 Euro pro Quadratmeter noch kostspieliger und hat somit fast das Hamburger Mietenniveau von 2015 (11,79 Euro) erreicht.

»Obwohl die 2015 eingeführte Mietpreisbremse allenfalls eine Überschreitung von zehn Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete erlaubt, liegen die Neuvertragsmieten rund 53 Prozent über der Durchschnittsmiete 9,29 Euro pro Quadratmeter im Mietenspiegel 2021«, hat Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg, errechnet. Er fordert, bei der Mietpreisbremse nachzujustieren: »Das Instrument hat zu viele Ausnahmen und keine Sanktionsmöglichkeiten. Hier besteht dringender Handlungsbedarf«, so Bosse. Eine Auswertung der Online-Checks von Hamburgs mit rund 75 000 Mitgliedern größter Mieterorganisation hat ergeben, dass im vergangenen Jahr in 88,8 Prozent der Fälle der Verdacht eines Verstoßes gegen die Mietpreisbremse vorlag.

Eine andere Sicht auf die Dinge hat Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), dessen Mitgliedsunternehmen 300 000 Wohnungen in Hamburg verwalten: »Die Zahlen aus Ohmoor sind leider nicht repräsentativ und spiegeln nicht die Wirklichkeit des Hamburger Wohnungsmarktes wider«, so Breitner. Der Grund aus seiner Sicht: Die Studie werte nur Immobilienangebote auf privat organisierten Internetplattformen aus. Die durchschnittliche Nettokaltmiete aller 2021 neu vermieteten Wohnungen der im VNW organisierten Wohnungsgesellschaften liege bei 7,79 Euro pro Quadratmeter, so VNW-Geschäfstführerin Petra Memmler.

Derweil attestierte sogar der Geschäftsführer des Hamburger Grundeigentümerverbandes, Ulf Schelenz, den Schülern, eine »sehr gute Studie« angefertigt zu haben. Auch ihm bereite die Entwicklung auf dem Mietmarkt Sorge. Er frage sich, wo die Preisentwicklung noch hinführe und empfahl als Gegenmittel: »Bauen, bauen, bauen.« In diesem Punkt waren sich alle Protagonisten einig.

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