Dieser Triumph ist kein Trend

Zum Sieg der Linken bei der Bernauer Bürgermeisterwahl

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

Die gute Nachricht zuerst: Die 64,2 Prozent von André Stahl (Linke) bei der Bürgermeisterwahl am Sonntag in Bernau sind ein eindrucksvolles Lebenszeichen seiner Partei. Aber die schlechte Nachricht gleich hinterher: Das bedeutet leider keine Trendwende, und es schließt auch nicht aus, dass sich die Sozialisten bei ihrem Erfurter Parteitag am kommenden Wochenende selbst beerdigen. Eine Bürgermeisterwahl ist eine Personenwahl, die wenig Rückschlüsse auf Gedeih und Verderb der Partei des Kandidaten erlaubt.

Nehmen wir als Beispiel René Wilke (Linke), der 2018 die Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt (Oder) gewann. Da rätselten hinterher viele herum, was sich aus dessen Kampagne lernen und wie sie sich kopieren ließe. Doch schon bei der Landtagswahl 2019 konnte Brandenburgs Linke nicht an den Erfolg von Wilke anknüpfen – nicht einmal in Frankfurt (Oder).

Ein paar Schlussfolgerungen lassen sich aber doch aus der Bernauer Wahl ziehen: Es gibt nämlich auch unter den Genossen dieser Stadt Bewegungslinke und Pragmatiker, genauso wie glühende Anhänger und entschiedene Gegner von Sahra Wagenknecht. Sie schaffen es aber irgendwie, im Interesse einer gemeinsamen Sache miteinander klarzukommen.

Dass die Partei noch von unten her saniert werden kann, daran bestehen berechtigte Zweifel, da das Fundament in Ostdeutschland altersbedingt wegbricht. Aber die schon geschwächte Parteibasis könnte jetzt, wenn sie sich ihrer Kraft bewusst wird, vielleicht immer noch mehr ausrichten als die da oben. Denn die da oben, wie ich sie bewusst vereinfachend einmal nennen möchte, haben in den zurückliegenden Jahren lediglich gezeigt, wie sie eine Partei mit ihren Streitereien und ihrer Führungsunfähigkeit ruinieren können. Ein paar Gesichter auszutauschen, reicht da schon lange nicht mehr. Die Wende gelingt nur noch von unten oder gar nicht.

- Anzeige -

Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Dank der Unterstützung unserer Community können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen

Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.