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Sachsen wollen AfD nicht an Verwaltungsspitze
In der zweite Runde der Landratswahlen dürfte die CDU ihre Dominanz bestätigen
Es wäre der »endgültige Durchbruch« gewesen: Die AfD träumte in ihrer Hochburg Sachsen bei der Landratswahl von einem Prestigeerfolg. Bundesweit erstmals wollte sie bei einer Abstimmung einen Posten an der Spitze einer kommunalen Verwaltung erobern. Die Chancen standen scheinbar auch nicht schlecht. Die Rechtspartei instrumentalisierte die Impfpflicht im Pflegebereich und den Ukraine-Krieg, um Proteststimmung zu schüren. Zudem traten in mehreren der neun Landkreise, in denen in Sachsen gewählt wurde, die langjährigen Amtsinhaber von der CDU ab. Gegen teils blasse CDU-Bewerber um deren Nachfolge bot die AfD etablierte Landtagsabgeordnete auf. Mindestens einer der Spitzenposten, so das Kalkül, sollte zu holen sein.
Danach sieht es freilich nach der ersten Runde, die am 12. Juni stattfand, nicht aus. Dabei setzten sich in drei Landkreisen – Nordsachsen, Leipziger Land, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge – die CDU-Bewerber durch und erhielten auf Anhieb die erforderliche absolute Mehrheit. In allen Fällen handelt es sich um die bisherigen Landräte. Aber auch in keinem der anderen sechs Landkreise gehen AfD-Politiker als Führende in die zweite Runde, die an diesem Sonntag stattfindet. Bei dieser können alle Kandidaten erneut antreten, nun genügt die einfache Mehrheit zum Erfolg. Zwar lagen einige AfD-Bewerber im ersten Durchgang auf dem zweiten Platz. Aber »die Nase vorn zu haben, wird in Runde 2 nicht einfach«, räumte Landeschef Jörg Urban ein. Man habe die Popularität der eigenen Kandidaten überschätzt: »Es ist schwerer anzutreten mit Personen, die noch nicht so etabliert sind.«
Womöglich liegt es aber weniger an der Bekanntheit der Bewerber als an der Tatsache, dass viele Sachsen die AfD zwar wählen, um Protest gegen Regierungen in Land und Bund zu artikulieren, aber deren Vertreter mehrheitlich nicht an der Spitze von Verwaltungen sehen wollen, wo es um konkrete Arbeit in Ort und Region sowie um repräsentative Auftritte geht. Auch bei den zeitgleich stattfindenden zahlreichen Bürgermeisterwahlen kam die AfD nirgends auch nur in die Nähe eines Erfolgs.
Derzeit sieht es vielmehr so aus, als könne die zuletzt erst bei der Bundestagswahl 2021 in Sachsen von der AfD schwer gedemütigte CDU ihre kommunale Vormachtstellung behaupten. Auch in fünf der sechs Landkreise, in denen das Rennen noch offen ist, gehen ihre Bewerber als Führende in die zweite Runde; nur in Mittelsachsen konnte der Parteilose, von SPD, Grünen und Linkspartei unterstützte Dirk Neubauer in die Phalanx einbrechen. Teils fehlten den CDU-Männern – Frauen stellte die Partei nirgends auf – vor drei Wochen nur wenige Prozentpunkte zur absoluten Mehrheit, so im Vogtland und im Kreis Görlitz. Dort gelten Siege des Klingenthaler Bürgermeisters Thomas Hennig und des Landtagsabgeordneten Stephan Meyer als ausgemacht.
Spannender wird es in drei weiteren Kreisen. In Bautzen hat der CDU-Mann Udo Witschas zehn Punkte Vorsprung auf einen AfD-Bewerber und 13 Punkte auf Alex Theile, der von Linke, SPD und Grünen aufgestellt wurde. Enger ist das Rennen im Erzgebirge, wo CDU-Politiker Rico Anton nur sechs Punkte vor Volker Weber von den Freien Wählern lag. Allerdings wird er jetzt von SPD und FDP unterstützt, die in der ersten Runde zusammen mehr als 20 Prozent holten. Im Landkreis Zwickau lag CDU-Bewerber Carsten Michaelis ebenfalls sechs Punkte vor Dorothee Obst, Bürgermeisterin von Kirchberg und Kandidatin der Freien Wähler. Sie ist die einzige Frau, die überhaupt Chancen auf die Eroberung eines Landratsamtes hat. Die Linke hat sich nach Ergebnissen von 8,5 und 5,5 Prozent in Zwickau wie im Erzgebirge aus dem Rennen verabschiedet. Sie ist bei den Landratswahlen nur noch mit Ex-Landesgeschäftsführerin Janina Pfau am Start, die im Vogtland in der ersten Runde knapp zehn Prozent holte, sowie den beiden Bündniskandidaten Theile und Neubauer. Letzterer hat die besten Chancen, auch als Nicht-CDU-Bewerber bei einer Landratswahl siegreich zu sein.
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