Zimmer frei in Thüringen

Die Branche hat in dem Freistaat weniger stark als in anderen Bundesländern vom Inlandstourismus profitiert

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 3 Min.
Franz Hofmann, Geschäftsführer der Thüringer Tourismus GmbH, hat darum gebeten, seinen Job als Chef der landeseigenen Tourismusgesellschaft (TTG) nicht bis zum Ende der ursprünglich vereinbarten Laufzeit seines Vertrages im Sommer kommenden Jahres erfüllen zu müssen, sondern nur noch bis Ende 2022.
Franz Hofmann, Geschäftsführer der Thüringer Tourismus GmbH, hat darum gebeten, seinen Job als Chef der landeseigenen Tourismusgesellschaft (TTG) nicht bis zum Ende der ursprünglich vereinbarten Laufzeit seines Vertrages im Sommer kommenden Jahres erfüllen zu müssen, sondern nur noch bis Ende 2022.

Wer im vergangenen Jahr mit wachen Augen und offenen Ohren durch Deutschland gefahren ist und erst unmittelbar vor der Ankunft in seiner Zielregion versucht hatte, ein Zimmer oder gar eine Ferienwohnung zu bekommen, der konnte bereits erahnen, was die Zahlen nun deutlich zeigen: Das Coronavirus hat das Reisen ins Ausland auch 2021 schwierig bis völlig unattraktiv gemacht. Die Tourismusbranche in Deutschland hat davon nur teilweise profitiert. Während manche Regionen im zweiten Corona-Jahr völlig überlaufen waren, war in anderen Teilen Deutschlands noch ziemlich viel Platz.

In den Alpen und im Harz oder an der Ostsee im Sommer oder Herbst 2020 noch schnell ein Zimmer bekommen, über eines der großen Online-Buchungsportals, noch dazu ein einigermaßen bezahlbares? Die Antworten, die man auf dieses Ansinnen damals regelmäßig bekam, klangen ungefähr so: »Tut uns leid, alles schon ausgebucht.« In anderen Regionen Deutschlands hörte man zu dieser Anfrage regelmäßig solche Sätze: »Klar! Mit oder ohne Frühstück?«

Im bundesweiten Vergleich betrachtet, hat sich der Tourismus in Thüringen im vergangenen Jahr zwischen dem einen und dem anderen Extrem bewegt, wobei es auch innerhalb des Freistaats deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen gab. Dass Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und der Geschäftsführer der Thüringer Tourismusgesellschaft, Franz Hofmann, sagen, angesichts der Corona bedingten schwierigen Lage der Branche im vergangenen Jahr habe sich der Tourismus im Land ziemlich positiv entwickelt, ist deshalb eine Seite der Medaille, auf deren Rückseite steht: Das Geschäft mit den Gästen ist im Thüringer Wald im zweiten Corona-Jahr erneut massiv eingebrochen.

In Thüringen ist die Übernachtungszahl landesweit betrachtet 2021 um 1,2 Prozent gegenüber 2020 auf etwa 6,6 Millionen Übernachtungen gesunken. Im Republikvergleich bewertet, liegt der Freistaat also ziemlich mitten drin im, in den Worten Tiefensees, »heterogenen Bild aller Bundesländer«.

Innerhalb Thüringens haben es nach Angaben des Thüringer Landesamtes für Statistik im Jahr 2021 vor allem die Städte entlang der Autobahn 4 geschafft, wieder deutlich mehr Touristen anzulocken als 2020. Bei den Übernachtungen steht für Eisenach, Erfurt, Jena und Weimar im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von 13,2 Prozent. Hofmann sagt, das liege vor allem an der Bundesgartenschau, die manchen Hotels die beste Auslastung ihrer Geschichte beschert habe. »Und da reden wir von Hotels, die nicht erst ein paar Jahre am Markt sind«, sagt er.

Im Thüringer Wald sind die Übernachtungszahlen 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 9,6 Prozent auf etwa 2,7 Millionen Übernachtungen eingebrochen. Sie lagen damit im vergangenen Jahr fast 38 Prozent unter dem Wert von 2019.

Tiefensee blickt dennoch ganz zufrieden auf die vergangenen Monate im Thüringer Tourismus, weil es in der Branche kein Massensterben von Unternehmen gegeben hat. Die vielfältigen Corona-Hilfen für die Branche hätten Wirkung gezeigt und dadurch nicht zuletzt Arbeitsplätze gesichert, sagt Tiefensee. »Das war offenbar genau richtig, was wir gemacht haben.«

Zu diesem ambivalenten Bild passt es dann auch, dass Hofmann darum gebeten hat, seinen Job als Chef der landeseigenen Tourismusgesellschaft (TTG) nicht bis zum Ende der ursprünglich vereinbarten Laufzeit seines Vertrages im Sommer kommenden Jahres erfüllen zu müssen, sondern nur noch bis Ende 2022. Mehrere Landtagsabgeordnete hatten im Mai scharfe Kritik an Hofmann geäußert. Der zentrale Vorwurf unter anderem der Parlamentarier Knut Korschewsky (Linke) und Andreas Bühl (CDU) lautete: Unter Hofmann unternehme die TTG nicht genug, um den Freistaat als touristisches Ziel zu vermarkten.

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