• Kultur
  • Serie »In with the Devil«

Mit dem Teufel im Knast

In der Serie »In with the Devil« versucht ein Spitzel im Gefängnis die Femizide eines Zellennachbarn nachzuweisen

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 4 Min.
»In with the Devil« ist ungemein spannend inszeniert.
»In with the Devil« ist ungemein spannend inszeniert.

Polizeispitzel kommen in Krimis für gewöhnlich eher schlecht weg und taugen keinesfalls als Helden oder Identifikationsfiguren. Ganz anders ist das in der neuen Apple-TV-Serie »In with the Devil«. Die erzählt – auf wahren Begebenheiten beruhend – von dem zu zehn Jahren Haft verurteilten Drogendealer Jimmy Keene (Taron Egerton) aus dem Chicagoer Umland, der in einem Hochsicherheitsgefängnis den mehrfachen Frauenmörder Larry Hall (Paul Walter Hauser) aushorchen soll, um dessen Schuld zu beweisen und seine Wiederfreilassung zu verhindern.

Das der Serie zugrunde liegende Buch »In with the Devil – a Fallen Hero, a Serial Killer, and a Dangerous Bargain for Redemption« (2010) ist die autobiografische Aufarbeitung dieses Falles aus den 90er Jahren. Der junge College-Football-Star Jimmy Keene, Sohn eines örtlich bekannten Polizeichefs und Enkel eines ehemaligen Fahrers des legendären Mafiabosses Al Capone, handelte mit Drogen, wurde erwischt und zu zehn Jahren Bundesgefängnis verurteilt. Nach ein paar Monaten wird ihm vom FBI das Angebot unterbreitet, Haftverschonung gegen Spitzeldienste zu erhalten. Die Ermittler sind sich sicher, dass der im Gefängnis sitzende, zwar längst geständige, aber auf eine Berufung und Freilassung hoffende Larry Hall mehr als zehn junge Frauen ermordet hat. Da nur in einem Fall eine Leiche gefunden wurde, Halls Angaben widersprüchlich sind und zum Teil von ihm zurückgezogen werden, könnte er wieder auf freien Fuß gesetzt werden.

»In with the Devil« ist ungemein spannend inszeniert. Das Skript der Serie entstammt der Feder von Dennis Lehane, der unter anderem die Romanvorlage für Martin Scorseses »Shutter Island« und diverse Drehbücher für die Kult-Serie »The Wire« geschrieben hat. In sechs einstündigen Folgen wird der Zuschauer mit in verschiedene Gefängnisse genommen, in denen der sportliche Schönling Jimmy einsitzt und sich langsam an Larry heranarbeitet, um dessen Vertrauen zu gewinnen. Dabei riskiert er Kopf und Kragen, denn bald weiß auch ein Gefängniswärter Bescheid, dass Jimmy Spitzeldienste leistet und erpresst ihn damit.

»In with the Devil« erzählt aber auch von den parallel stattfindenden Ermittlungen von Polizei und FBI. Denn wie sich bald herausstellt, geriet Larry Hall schon Jahre vor seiner Inhaftierung wegen sexueller Belästigung junger Frauen immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt, ohne dass sich daraus irgendwelche Konsequenzen ergeben hätten. Insofern ist dieser Fall auch ein krasses Beispiel für das strukturelle Versagen von Behörden, wenn es um sexuelle Gewalt gegen Frauen geht. Dass dann ein Gefängniswärter überdies die Ermittlungen Jimmys gefährdet, erweckt nicht gerade den Eindruck, als wären staatliche Institutionen in irgendeiner Weise bei der Aufklärung dieser Femizide hilfreich.

Neben den spannend erzählten, ineinander geschobenen Ebenen geht »In with the Devil« aber auch zurück in die Vergangenheit, erzählt von der Kindheit der beiden im Gefängnis aufeinandertreffenden Männer und geht der Frage nach, wie sehr familiäre Gewalt die Jahre ihrer Entwicklung prägte und wie sie lernten, Handlungsmacht zu entwickeln oder eben auch nicht. Dabei wird Larry Hall aus dem ländlichen, politisch rechten Redneck-Amerika (trotz des Serientitels, der im Original übrigens »Black Bird« heißt) nicht platt dämonisiert, sondern mit seiner gesamten problematischen Biografie als Sohn eines autoritären Beerdigungsunternehmers gezeigt, ohne deshalb daraus irgendwelche Rechtfertigungen abzuleiten. Dieser schwierige Spagat gelingt den Machern von »In with the Devil«.

Derzeit gibt es eine ganze Reihe Serien, die Femizide behandeln, wie auch unlängst »The Rising« und »Shining Girls«. »In with the Devil« indes rückt weniger taffe und selbstbewusste Frauen in den Fokus als vielmehr den Täter und dessen schreckliche Logik, wobei die Serie bewusst keine Gewalt gegen Frauen zeigt und damit reproduziert, sondern diese nur andeutet.

Dennoch enthält »In with the Devil« auch durchaus schockierende Bilder männlicher Gewalt im Gefängnis als albtraumhaftem Ort. Am meisten verstören aber Denkweise und Logik von Larry Hall, denen »In with the Devil« nachspürt. Hall sitzt zwar immer noch im Gefängnis, hat aber bis heute nicht preisgegeben, wo die Leichen der von ihm ermordeten Frauen vergraben sind.

»In with the Devil« auf Apple TV – wöchentlich eine neue Folge

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.