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Die »Jacindamania« ist vorbei
Die Beliebtheit von Neuseelands Regierungschefin bröckelt
»Jacindamania« nennt man in Neuseeland jenes Phänomen, welches die Popularität der amtierenden Premierministerin beschreibt. Eine Popularität, die weit über die Grenzen des südpazifischen Inselstaates hinausgeht.
Im Ausland gilt Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern weiterhin als eine der herausragendsten politischen Führerinnen weltweit. Doch im Inland sinkt ihre Popularität immer mehr. In Umfragen hat die Opposition ihre Partei inzwischen überholt. Eine dritte Amtszeit für Arderns sozialdemokratische Labour Party wird immer unrealistischer.
Hätten die Neuseeländer in der vergangenen Woche gewählt, so hätte Jacinda Ardern wohl eine empfindliche Niederlage hinnehmen müssen. Denn in den Umfragen schoss die politische Rechte nach vorne, Arderns Labour Party wäre selbst in einer Koalition mit den Grünen nur auf 42 Prozent gekommen.
Damit sind die Chancen für eine dritte Amtszeit des Politstars aus Neuseeland deutlich gesunken. Die National Party dagegen, die zuvor neun Jahre lang die Geschicke des Landes lenkte, hätte dagegen eine gute Chance, mithilfe eines Koalitionspartners wieder die Regierung zu bilden. Zwar war Ardern bei der jüngsten Umfrage eines TV-Senders nach wie vor die bevorzugte Premierministerin, doch für ihre Partei war es das schlechteste Ergebnis seit Beginn ihrer Amtszeit.
Dass Neuseelands Premierministerin zeitweise »gehypt« wurde, hatte gute Gründe: Denn seit ihrem Amtsantritt 2017 musste Ardern eine Terrorattacke, einen Vulkanausbruch sowie den Ausbruch der Corona-Pandemie bewältigen. Alle drei Krisen meisterte sie mit exzellenter Kommunikation und viel Empathie. Ihre Handhabe der Pandemie sei geradezu eine »Meisterklasse in Krisenführung« gewesen, urteilte die neuseeländische Forscherin Suze Wilson einst in einer Analyse im akademischen Magazin »The Conversation«. Dieses exzellente Krisenmanagement brachte der Politikerin eine mehrmalige Nominierung für den Nobelpreis ein und katapultierte sie auf die Titelbilder der britischen »Vogue« und des »Time Magazine«.
Dass Arderns Stern nun verglüht, hat vielfältige Gründe: Laut Stephen Levine, Politikexperte der Victoria University of Wellington und Autor eines Buches über Jacinda Ardern, ist in erster Linie ausgerechnet die Covid-Pandemie dafür verantwortlich, die einst zu ihrem Aufstieg beigetragen hatte. »Im Jahr 2020 konnte die Regierung die Pandemie eindämmen, was zu niedrigen Fallzahlen und einer geringen Zahl von Todesfällen im Zeitraum 2020/21 führte«, erklärte der Politikexperte. 2020 starben 25 Neuseeländer an Covid-19, 2021 26 Menschen. Dafür gab es im In- und Ausland Lob. Bei den Wahlen 2020 feierten Arderns Sozialdemokraten dementsprechend einen Erdrutschsieg. Mitte 2021 jedoch nahm die Unzufriedenheit über wiederholte Lockdowns nach Covid-Ausbrüchen zu. Vor allem eine länger andauernde Ausgangssperre in der größten Stadt des Landes, Auckland, wurde dort laut Levine alles andere als positiv aufgenommen.
Aktuell habe nun der stetige und recht dramatische Anstieg der Covid-19-Infektionen und der Todesfälle infolge der Omikron-Variante den Hauptgrund für den Wahlerfolg vor zwei Jahren beseitigt, wie Levine erklärte. Inzwischen verzeichnet Neuseeland bei einer Bevölkerung von rund fünf Millionen Menschen fast 1,68 Millionen Infektionen und über 1700 Tote. »Einige Schätzungen gehen sogar davon aus, dass die Hälfte der Bevölkerung inzwischen Covid-19 hatte«, sagte Levine. Inzwischen ist das neuseeländische Gesundheitssystem stark belastet, etwas, das zum Höhepunkt der Pandemie noch vermieden werden konnte.
Doch auch bei anderen Themen gibt es Grund zur Klage: So sind die Kosten für Immobilien nach wie vor hoch, auch wenn die früher stratosphärisch hohen Preise abgeflacht sind. Doch steigende Hypothekenzinsen und hohe Kosten für Baumaterialien erschweren vielen den Hausbau oder -kauf nach wie vor. Die Mieten sind laut Daten der neuseeländischen Statistikbehörde vom April um 3,9 Prozent gestiegen. Die Inflation ist auf 7,3 Prozent geklettert und ist damit so hoch wie schon seit über 30 Jahren nicht mehr. Auch die Einkommensungleichheiten bestehen weiterhin, wie auch das Thema Kinderarmut, das die Premierministerin eigentlich stets als Priorität bezeichnet hatte.
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