Staatssekretär auf rechten Abwegen

Der schleswig-holsteinische CDU-Politiker Otto Carstens wird von der Opposition und Juristen kritisiert

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Justizstaatssekretär Otto Carstens (CDU) steht im Foyer des schleswig-holsteinischen Landtags. Foto: dpa/picture alliance/Axel Heimken
Justizstaatssekretär Otto Carstens (CDU) steht im Foyer des schleswig-holsteinischen Landtags. Foto: dpa/picture alliance/Axel Heimken

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, sich bei der im Juni erfolgten Kabinettszusammenstellung auf dem Posten des Justiz-Staatssekretärs eine glatte Fehlbesetzung geleistet zu haben. Am Mittwoch beschäftigt sich der Innen- und Rechtsausschuss im Kieler Landtag damit, wie weit die Kontakte von Otto Carstens (CDU) ins rechte Lager womöglich reichen.

Etwas mehr als zwei Monate führt Kerstin von der Decken (CDU) die Amtsgeschäfte im Justizministerium. An ihrer Seite wurde der promovierte Rechtswissenschaftler Carstens als Staatssekretär berufen. Die Oppositionsparteien SPD und FDP haben scharfe Kritik an dieser Entscheidung geäußert. Aus juristischen Fachgremien liegen ähnliche Stellungnahmen vor. So gibt es Anhaltspunkte, dass Carstens seine Doktorarbeit an der Universität Innsbruck mit fehlenden Quellenangaben gespickt hat. Deswegen läuft bereits ein Plagiatsprüfungsverfahren.

Das wiegt aber bei Weitem nicht so schwer wie der Vorwurf, Carstens verkehre in deutsch-nationalen Kreisen und sei deshalb für die berufene Aufgabe untragbar. Der 41-Jährige habe nach Ansicht der FDP im Landtagswahlkampf mit populistischen Parolen zum Thema Strafvollzug und Gerichtsbarkeit »am rechten Rand gefischt«. Damit habe Carstens unter Beweis gestellt, dass er als Justiz-Staatssekretär nicht geeignet sei. Der CDU-Mann forderte in mittlerweile gelöschten Einträgen auf seiner Homepage zum Beispiel »Opferschutz statt Täterschutz« oder »einen Strafvollzug, der keinen Urlaub darstellt«.

Ein Blick in die Vita von Carstens wirft nun weitere Fragen auf. Er bezeichnete sich in einem Interview mit den »Kieler Nachrichten« als »wertkonservativen Menschen«. Auch deshalb sei er in die schlagenden Studentenverbindungen Corps Gothia Innsbruck und Corps Irminsul Hamburg eingetreten. Diese werden von Carstens als unpolitisch dargestellt. Seine Aussage bleibt aber nicht unwidersprochen. Letztere Verbindung arbeite über den »Hamburger Waffenring« mit der Burschenschaft Germania zusammen, die in der Hansestadt seit vielen Jahren vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Zusammenschluss beobachtet wird, teilte die Neue Richterliche Vereinigung (NRV) Schleswig-Holstein in einer Stellungnahme anlässlich der anstehenden Behandlung des Themas im Landtagsausschuss mit. Sie erklärte, dass es in Hamburg zuletzt im Juli ein gemeinsames Event, den »Hamburger Bestimmtag«, unter Beteiligung von Irminsul und Germania gegeben habe.

Für die NRV ist spätestens in der Eignungsbewertung von Carstens durch diese Nähe eine rote Linie überschritten worden. Die Zweifel daran, dass der Staatssekretär den Mindestanforderungen an sein Amt genügt, »speisen sich aus dem Umstand, dass der Staatssekretär einer Verbindung angehört, die allem Anschein nach über keine nachvollziehbare Abgrenzung zu Rechtsradikalen verfügt«.

Daniel Günther, Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzender, hat sich bisher bei allen Gelegenheiten zu dem Thema weggeduckt. Abzuwarten bleibt, ob die Personalie auch an dem Image von Günther kratzen wird, der als vergleichsweise liberaler CDU-Politiker gilt und nicht unglücklich darüber zu sein scheint, dass er in seinem Bundesland nun seit einigen Monaten mit den Grünen zusammen regiert. Angesprochen auf die Mitgliedschaft von Carstens in zwei schlagenden Verbindungen, sagte der Regierungschef, dies würde ihn in keiner Weise interessieren. Auf Antrag der SPD muss die Landesregierung nun im Landtag einen Bericht zu der umstrittenen Personalie vorlegen.

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