Harte Sanktionen gegen Erwerbslose bleiben

Bundesregierung und Union erzielen einen Kompromiss zum Bürgergeld

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

Bereits vor der Sitzung des Vermittlungsausschusses am Mittwoch haben sich die Parteien der rot-grün-gelben Koalition und die oppositionelle Union auf einen Kompromiss beim Bürgergeld geeinigt. Die Bundesregierung kam den Konservativen weit entgegen, nachdem diese die Reform im Bundesrat blockiert hatten. Auch in den ersten sechs Monaten, in denen Menschen das Bürgergeld beziehen, können ihnen nun schnell Leistungen gekürzt werden, wenn sie nicht so mit den Jobcentern kooperieren, wie diese es sich vorstellen. Zudem sieht der neue Entwurf nun deutlich niedrigere Schonvermögen vor. Am Freitag könnten Bundesrat und Bundestag dem Bürgergeld zustimmen, damit es zu Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten und das Hartz-IV-System ersetzen kann.

Entsprechend zufrieden zeigte sich Unionsfraktionschef Friedrich Merz mit der Einigung. »Die Koalition war sehr schnell und – zu meiner Überraschung – sehr weitgehend bereit, hier Kompromisse zu machen«, sagte der CDU-Vorsitzende. Als größten Erfolg der Union wertete er den Verzicht auf die geplante sechsmonatige »Vertrauenszeit«. In ihr wären nach Koalitionsplänen Sanktionen gegen Bezieher des Bürgergelds in geringerem Umfang möglich gewesen. Diese Zeit wurde gestrichen. »Wir haben auf die Vertrauenszeit verzichtet, um einen gemeinsamen Kompromiss und Mehrheiten im Vermittlungsausschuss zu finden«, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann. »Ich bedaure das sehr.«

Linkspartei und Sozialverbände kritisierten die Einigung. Thüringens Sozialministerin Heike Werner monierte die Kürzung des Bürgergeldes durch die drohenden Sanktionen. »Der Regelsatz in Höhe von 502 Euro ist schon zu niedrig für das Existenzminimum. Aber vom Existenzminimum kann man doch nicht noch etwas abziehen«, erklärte die Linke-Politikerin am Dienstag in Erfurt. Wenn eine alleinerziehende Mutter ihre Termine nicht geschafft habe, dann brauche sie Unterstützung statt Sanktionen. Werner betonte allerdings bei aller Kritik, dass es wichtig sei, dass nun eine Einigung erzielt wurde. »Somit haben die Betroffenen Gewissheit über die neuen Bestimmungen, die ab Januar 2023 gelten werden«, erklärte die Ministerin. Es bleibt abzuwarten, ob die Linkspartei, die nicht nur in Thüringen, sondern auch in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen Teil der Landesregierung ist, dem Bürgergeld im Bundesrat zustimmen wird.

Als reine Formalie wollten die Parteienvertreter nach dem nun gefundenen Kompromiss die Sitzung des Vermittlungsausschusses am Mittwochabend nicht bezeichnen. »Es ist noch nichts entschieden, bevor alles entschieden ist«, sagte Merz. Die Ampel-Vertreter sprachen von einer guten Grundlage, welche die Zustimmung des Vermittlungsausschusses ermöglichen könne.

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