Fachkräftemangel ist hausgemacht

Zu wenige Unternehmen und Betriebe bilden zu schlechten Konditionen aus

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 2 Min.

Jeder dritte Azubi macht regelmäßig Überstunden, nur jeder Vierte bleibt von Tätigkeiten verschont, die nicht dem Ausbildungszweck dienen, und lediglich drei von vier Auszubildenden kennen ihren betrieblichen Ausbildungsplan.

Seit 2005 weise die DGB-Jugend mit ihrem jährlich herausgegebenen Ausbildungsreport vergeblich auf die verbreitete Missachtung solcher und anderer Rechtsvorschriften hin, erklärt am Dienstag Jim Frindert, Bezirksjugendsekretär des DGB Berlin-Brandenburg, anlässlich der Veröffentlichung des diesjährigen Berichts. Für die vorliegende Erhebung hat die DGB-Jugend Berlin-Brandenburg im Zeitraum von September 2020 bis Anfang Mai 2022 rund 1200 Berliner und knapp 600 Brandenburger Auszubildende im Rahmen ihrer Berufsschultour befragt.

Sehr viele von ihnen beklagen, dass es ihnen in Berlin nicht möglich war, eine Ausbildung in ihrem Wunschberuf zu finden und zu beginnen. Nur ein Drittel habe sich zwischen interessanten Angeboten entscheiden können, viele hätten sich mit Notlösungen zufriedengeben müssen. »Aufgrund des niedrigen Ausbildungsplatzangebotes sind viele Azubis froh, überhaupt einen Ausbildungsplatz zu haben«, berichtet Frindert.

Als Schwerpunktthema beleuchtet der Ausbildungsreport 2022 den Zugang zu Ausbildung und Berufsorientierung. Dabei schnitt die schulische Berufsorientierung in der Befragung schlecht ab: Über 70 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen die Angebote an der Schule kaum bei der Berufswahl geholfen hätten. Nicht einmal ein Drittel der Befragten haben die Berufsberatung der Agentur für Arbeit genutzt.

Als »hausgemacht« bezeichnet der Sprecher für Arbeit und Wirtschaft der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Damiano Valgolio den Fachkräftemangel in der Hauptstadt. »Viele Auszubildende beklagen schlechte Ausbildungsbedingungen, unzureichende Ausbildungsvergütung und mangelnde Perspektiven im Ausbildungsberuf. Diese Missstände müssen abgestellt werden, damit mehr junge Menschen eine Ausbildung beginnen und diese erfolgreich abschließen«, erklärte Valgolio am Dienstag. Hier seien vor allem die Unternehmen gefragt.

Die Linke will eine Ausbildungsumlage einführen, um die Probleme zu verringern. Damit entstünden nicht nur die dringend benötigten zusätzlichen Ausbildungsplätze, die Umlage sorge auch für bessere Ausbildungsbedingungen und erhöhe die Qualität der Ausbildung. »Sie entlastet die Ausbildungsbetriebe finanziell durch die Übernahme der Ausbildungskosten und ermöglicht es ihnen so, den Auszubildenden deutlich bessere Bedingungen anzubieten, einschließlich der tariflichen Ausbildungsvergütung«, ist sich Valgolio sicher.

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