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- Janet Yellen in Afrika
Mission Schadensbegrenzung
Um die Beziehungen vieler afrikanischer Staaten zu den USA steht es nicht zum Besten – Finanzministerin Yellen will bei ihrem Besuch nun die Wogen glätten
Ein Wort fällt im Zusammenhang mit dem Besuch der US-Finanzministerin Janet Yellen in drei afrikanischen Ländern immer wieder – China. Die Volksrepublik hat ihre wirtschaftliche Präsenz auf dem Kontinent enorm ausgebaut, der chinesisch-afrikanische Handel übersteigt das Transaktionsvolumen mit den USA inzwischen um ein Vielfaches. In Washington macht man sich Sorgen, die Region könnte langfristig zur chinesischen Peripherie werden.
Bereits Mitte Dezember hatte US-Präsident Joe Biden Regierungsvertreter*innen aus 49 afrikanischen Ländern zu einem Gipfeltreffen nach Washington D.C. eingeladen. Yellens elftägige Reise nach Senegal, Sambia und Südafrika knüpft an die Initiative an und zeugt davon, dass die US-Regierung Afrika inzwischen eine höhere strategische Bedeutung zuspricht. Man will zeigen, dass man afrikanische Staaten als Partner ernst nimmt und Peking etwas entgegensetzen kann.
Viele Länder der Region leiden immer noch stark unter den wirtschaftlichen Einbußen durch die Corona-Pandemie, hinzu kommen gestiegene Lebensmittel- und Energiepreise durch Russlands Angriff auf die Ukraine. Doch die Beschwerden afrikanischer Staaten gegenüber den USA gehen über die Auswirkungen der angespannten geopolitischen Lage hinaus.
Washington werde zum Teil für die Krise verantwortlich gemacht, weil angenommen wird, »dass die US-Regierung die Institutionen des internationalen Finanzwesens wie die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds kontrolliert, die sich für eine Sparpolitik in afrikanischen Staaten eingesetzt haben, die Zinsraten für internationale Kredite an diese Länder hoch gehalten haben und sich gleichzeitig kritisch über Kreditvergaben Chinas und Russlands außerhalb des multilateralen Systems an diese Länder geäußert haben«, so Cameron Hudson, Senior Fellow am Centre for Strategic and International Studies, einem Thinktank aus Jakarta in Indonesien, gegenüber dem Nachrichtenportal »Voice of Africa«. Auch die Zinserhöhungen der US-Notenbank machen Ländern des Globalen Südens zu schaffen.
Insbesondere in der Handelspolitik sehen sich viele afrikanische Länder seit langem benachteiligt. »Unter den effizientesten Baumwollproduzenten der Welt sind Benin, Burkina Faso, Tschad und Mali (…). Trotzdem produzieren sie nur drei Prozent der Baumwolle weltweit, da der Anbau anderswo stark subventioniert wird«, merkt Chisanga P. Chekwe, Vorsitzender der Masomo Education Foundation, einer Bildungsstiftung im kanadischen Ottawa, gegenüber »Voice of Africa« an. Die Rivalität mit China könnte als Impuls dienen, um jahrzehntelange Ungleichgewichte und Enwicklungshemmnisse abzubauen.
Chancen rechnet sich die US-Regierung derzeit vor allem in Sambia aus. »Die neue Regierung wird als China-skeptisch angesehen. Ein mögliches Feld der Zusammenarbeit in naher Zukunft wäre die Restrukturierung der sechs Milliarden Dollar Schulden, die Sambia bei China hat – man sollte sich vergegenwärtigen, dass das etwa 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Landes sind«, so Chekwe.
Yellen war vor ihrer Abreise sichtlich bemüht, zu signalisieren, dass man die Sorgen der afrikanischen Staaten ernst nehme. Mit Blick auf die empfindlich gestiegenen Energiepreise sagte sie dem Rundfunksender NPR: »Uns liegt es fern, diese Länder davon abzuhalten, russisches Öl zu kaufen, solange afrikanische Käufer die Preisobergrenzen beachten. Sie können ihre Ölimporte aus Russland auf dem gegenwärtigen Niveau beibehalten oder ausbauen.« Die G7-Staaten hatten sich im Dezember darauf geeinigt, russisches Erdöl nur noch zu Preisen von bis maximal 60 Dollar pro Barrel zu kaufen, auch die Benutzung westlicher Tankschiffe und die Bereitstellung von Versicherungspolicen ist dieser Beschränkung unterworfen. Doch ob dieses bescheidene Entgegenkommen ausreichen wird, Washingtons Ansehen in der Region wieder zu verbessern, bleibt offen.
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