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RBB-Skandale: Üppige Bezüge bis zur Rente

Arbeitsgericht verhandelt Kündigung der Juristischen Direktorin des Senders

Für Susann Lange geht es vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg um alles oder nichts. So sieht es Richter Benedikt Schmidt am Mittwoch. Ist die am 2. Dezember ausgesprochene außerordentliche Kündigung der Juristischen Direktorin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) wirksam, so würde sie ihren Anspruch auf ein sattes Übergangsgeld verlieren. Andernfalls könnte Lange bis zum Erreichen des Rentenalters, also 13 Jahre und sieben Monate lang, die Hälfte ihrer bisherigen Bezüge kassieren – und das für schlappe fünf Jahre als Direktorin. Wobei allerdings zu berücksichtigen wäre, dass Lange in anderer Funktion schon länger beim Sender beschäftigt gewesen sei, nämlich seit 2001, erinnert Benedikt Schmidt.

Für den Richter schreit dieser Fall geradezu nach einer außergerichtlichen Einigung, bei der sich beide Seiten ein Stück entgegenkommen. Doch zu einem Vergleich sei der RBB nicht bereit, macht Rechtsanwalt Carl-Christian von Morgen deutlich, der den Sender im Auftrag von Interims-Intendantin Katrin Vernau vertritt. Nach einer Stunde Gütetermin, bei der die Chancen für eine Einigung ohne Urteil ausgelotet werden, bleibt Richter Schmidt am Ende also nichts anderes übrig, als einen Verhandlungstermin festzulegen, bei dem dann entschieden wird, ob die Kündigung rechtens ist oder nicht. Am 7. Juni um 12 Uhr trifft man sich erneut in Berlin, eventuell wieder in dem größeren Saal 334, wenn der Richter den bekommen kann. Denn es besteht ein öffentliches Interesse an dem Fall, der mit den umstrittenen Zuständen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk unmittelbar zusammenhängt.

Richter Schmidt empfiehlt den Anwälten zum Abschied noch, darüber nachzudenken, ob es nicht doch eine Möglichkeit für einen Vergleich gibt, den Langes Anwältin Jutta Glock nicht ausschließt. Doch Kontrahent Carl-Christian von Morgen sieht eine Chance, dass die Kündigung vor Gericht Bestand hat. Mehr will er mit Blick auf das laufende Verfahren dazu nicht sagen. Beim Gütetermin erklärt er dem Richter seine Auffassung, dass mit einem für so viele Jahre versprochenen Übergangsgeld die »Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten« sei.

Es handelt sich um eine Verdachtskündigung. Wie der Name schon sagt, besteht ein Verdacht, der sich aber nicht beweisen lässt: Justiziarin Lange, die sich exklusiv um die Verträge der RBB-Spitze kümmerte, soll vielleicht, eventuell, möglicherweise – dies muss man mit größter Vorsicht formulieren – der im Sommer 2022 rausgeworfenen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger gefällig gewesen sein und davon selbst einen Vorteil gehabt haben. So soll Lange für einen Kollegen eine besonders üppige Ruhestandsregelung vereinbart haben. »So etwas habe ich noch nie gesehen in meiner ganzen Karriere in 21 Jahren«, bekennt von Morgen verblüfft. Da müsse es sich Lange gefallen lassen, einer Pflichtverletzung verdächtigt zu werden. Es müsse ja nicht wirklich Untreue vorliegen, schränkt er gleich wieder ein. Aber ein dringender Verdacht bestehe schon.

Susann Lange, die gegen ihre Kündigung klagt, ist nicht zur Güteverhandlung erschienen. Das ist auch nicht erforderlich. »Hier wird ein völlig falsches Bild erzeugt«, wird sie von ihrer Anwältin Jutta Glock gegen jeden Verdacht verteidigt. Langes Arbeitsvertrag als Juristische Direktorin sei ein Standardvertrag für die Direktoren, der seit mindestens 20 Jahren Verwendung finde, vielleicht schon länger. Es gebe deshalb darin überhaupt keinen Spielraum für irgendwelche persönlichen Vorteile, die sich ihre Mandantin angeblich bei Vertragsabschluss verschafft habe. Lediglich das Gehalt werde individuell verhandelt – und da habe Susann Lange weniger bekommen als die Männer in vergleichbarer Position. Das werde man im Verfahren mit einer Zusammenstellung anderer Verträge aus den anderen ARD-Rundfunkanstalten beweisen, kündigt Glock an. Die Anwältin benutzt immer wieder Formulierungen wie »dagegen verwahren wir uns aufs Schärfste« und »wir verwahren uns in aller Schärfe«. Zum Vorwurf angeblicher Bereicherung erklärt Glock: »Das ist schlicht nicht wahr.«

Umstritten ist insgesamt das frühere System der variablen Vergütung beim RBB, das der Chefetage Bonuszahlungen für das Erreichen vorher definierter Ziele sicherte. Dabei sollen, wie der RBB durch eigene Recherchen aufdeckte, die Hürden für die Auszahlung viel niedriger gewesen sein als bei der erfolgsorientierten Bezahlung auf untergeordneten Leitungsebenen.

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