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Dortmunds Europareise endet wieder zu früh
In London zeigt sich, dass der Borussia ein starker Stürmer und Alternativen auf der Bank fehlen
Es gab zwei recht gegensätzliche Erzählungen zu diesem Fußballspiel, mit dem für Borussia Dortmund mal wieder eine europäische Fußballsaison zu Ende ging, bevor die Mannschaft ihre ganze Stärke zur Entfaltung bringen konnte. Da war Emre Can, der nach der 0:2-Niederlage sehr klare Worte fand: »Der Schiri war heute daran schuld«, sagte der Mittelfeldspieler, nachdem der FC Chelsea zunächst nach Intervention der Videoschiedsrichter einen streitbaren Handelfmeter zugesprochen bekommen hatte und dieser dann auch noch zweimal von Kai Havertz ausgeführt werden durfte. Zunächst hatte der deutsche Angreifer den Ball an den Pfosten gesetzt, doch mehrere Spieler waren zu früh in den Strafraum gelaufen, darunter Salih Özcan, der den Abpraller danach klärte. Der zweite Versuch saß dann und entschied dieses Spiel zugunsten der Londoner, die in dieser Saison massive Probleme mit dem Toreschießen haben. Der niederländische Schiedsrichter Danny Makkelie sei »das ganze Spiel schon arrogant« gewesen, zürnte Can später weiter und kam zu dem Schluss: »Wir haben ein ordentliches Spiel gemacht. Wir müssen uns nicht schämen.«
Das alles war nicht völlig falsch. Besonders die zweifelsfrei unabsichtliche Berührung des leicht vom Körper abgespreizten Armes von Marius Wolf mit dem aus kurzer Distanz geschossenen Ball, die Makkelie erst nach Intervention seiner Assistenten vor den Bildschirmen als Regelverstoß wertete, hätte mit guten Argumenten auch folgenlos bleiben können. Eindeutig falsch war die ursprüngliche Entscheidung des Schiedsrichters nicht, aber diese immer gleiche Debatte ist so ermüdend, dass es sich nicht lohnt, sie ständig neu zu führen. Zumal der FC Chelsea auch ohne diese Szene der verdiente Sieger dieses Achtelfinalduells gewesen wäre, was zur anderen Perspektive auf diesen Fußballabend führt, die vielleicht weniger aufregend, dafür aber deutlich aufschlussreicher ist. »Wir haben es irgendwie nicht auf den Platz bekommen«, sagte Nico Schlotterbeck zur Dortmunder Leistung und regte an, »ehrlich« mit diesem Ende der europäischen Saison für den BVB umzugehen.
Genau darum war Trainer Edin Terzic bemüht, der von zwei »sehr engen Spielen« gegen die Engländer sprach, in denen »Zentimeter und Momente« über Sieg und Niederlage entschieden. Aber diese Zentimeter und Momente sind eben kein Produkt des Zufalls, sondern zumindest in Teilen auch Ergebnis einer erbrachten Leistung. Sein Team habe an der Stamford Bridge »definitiv kein schlechtes Spiel« gemacht, »aber wenn wir weiterkommen wollen, hätten wir ein extrem gutes Spiel machen müssen, das haben wir heute nicht geschafft«, sagte Terzic. Wer in den vergangenen Wochen bei den knappen und von einer ordentlichen Portion Glück begünstigten Siegen in Hoffenheim und gegen RB Leipzig genau hingesehen hatte, konnte da bereits die Grenzen erkennen, an denen der BVB in diesem Spiel nun doch einmal gescheitert ist.
So schön die Genesung des Sébastien Haller ist, bei dem im vergangenen Jahr ein Hodentumor entfernt worden war, so klar ist inzwischen auch, dass die Krankheitsfolgen weiterhin ein Problem sind für den BVB. Haller ist noch nicht dieser Topstürmer für das höchste Niveau der Champions League, der er einmal war. Wenn es um Momente und Zentimeter geht, ist seit Wochen immer irgendein Gegner vor Haller am Ball. Und sobald mehr als ein, zwei Spieler ausfallen, dann gehen viel zu schnell jene Stärken des Teams verloren, die in den vergangenen Wochen als »neue Mentalität« beschrieben worden sind: Widerstandskraft und bedingungslose Kooperationsbereitschaft. Die hatten dazu geführt, dass bei jedem verlorenen Zweikampf und jedem Fehler immer sofort ein Kollege zur Stelle war, um auszuhelfen. An diesem Abend war nach drei Minuten auch noch der zuletzt so starke Julian Brandt mit einer Oberschenkelverletzung ausgefallen, Giovanni Reyna, der stattdessen in die Partie kam, war sichtlich überfordert.
Brandt, Torwart Gregor Kobel und Karim Adeyemi seien »drei der Schlüsselspieler in den letzten Wochen« gewesen, so Terzic. Es sei »klar«, dass es ohne diese Verletzten »nicht leicht« sei, eine ausreichende Leistung auf diesem hohen Niveau hinzubekommen. Terzic hatte bei dieser Aufzählung noch den für die Stabilität wichtigen, aber im Achtelfinalrückspiel gesperrten Julian Ryerson vergessen. Damit fehlten dem BVB gleich vier Schlüsselfiguren aus dem Hinspiel. Das kann dieser Kader nicht verkraften, zumal auch der an Adeyemis Stelle spielende Marco Reus mal wieder seinen Ruf festigte, in großen Spielen irgendwie mitzukicken, aber eben nichts Entscheidendes bewirken zu können.
Die erstaunliche Serie von zehn Siegen nacheinander war zweifellos stark, aber sie hat auch ein wenig über die Schwächen dieser Mannschaft hinweggetäuscht. Ein großes Team braucht eine Bank, die Verletzungsausfälle auffangen kann und einen Stürmer, der auch mal in einem sehr schwierigen Spiel ein Tor schießt. So eine Mannschaft ist der BVB noch nicht.
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