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Die Grünen müssen in der Klimakrise ihre Samthandschuhe ausziehen
Robert D. Meyer über die Ergebnisse im Koalitionsausschuss
Was muss das für ein mieses Gefühl für die Grünen sein, sich von Julia Klöckner anhören zu müssen, die Ampel falle beim Klimaschutz hinter die Maßnahmen der letzten Großen Koalition zurück. Dass ausgerechnet die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin so etwas sagt, ist natürlich hanebüchen, war Klöckner doch nie als eifrige Vorreiterin für die Energiewende und grüne Themen bekannt. Und doch steckt in ihrer Behauptung ein Körnchen Wahrheit. Der nun von der Ampel verwässerte zentrale Baustein des bisherigen Klimaschutzgesetzes, wonach alle für den deutschen CO2-Ausstoß verantwortlichen Ressorts individuelle Reduktionsziele einhalten müssen, geht auf die Groko zurück. Nach der Ampel-Einigung zählt nur noch die Gesamtbilanz aller Sektoren.
Ein Sieg für die FDP, deren Verkehrsminister Volker Wissing weiterhin maximal ambitionslos beim Klimaschutz bleiben darf. Ebenso kann sich die Autofetischistenpartei über das Versprechen freuen, die Ampel wolle »Straßenbau und Klimaschutz« zusammendenken. Leider heißt das nicht, künftig keinen Quadratmeter mehr als unbedingt notwendig zu asphaltieren, sondern am Fahrbahnrand ein paar Solarmodule zu installieren. So funktioniert klimapolitischer Ablasshandel.
Durchgesetzt hat sich nicht nur eine dreiste FDP, auch Kanzler Olaf Scholz ist zufrieden. Völlig frei von Ironie nennt er Wissing einen »sehr, sehr guten Verkehrsminister«, der vieles anpacken werde. So redet kein »Klimakanzler«, sondern ein Regierungschef, der die Dringlichkeit der Klimakrise nicht begriffen hat. Und die Grünen? Jubel sieht anders aus, hier und da klingt vorsichtig Kritik durch, man bleibt aber weiter viel zu brav. Dabei ist es höchste Zeit, die Samthandschuhe im Kampf für mehr Klimaschutz auszuziehen.
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