RBB ohne höheren Rundfunkbeitrag in Schwierigkeiten

Intendantin Katrin Vernau kann weitere Sparmaßnahmen und betriebsbedingte Kündigungen nicht ausschließen

Mit weniger Personal werde der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) künftig weniger Programm machen – aber in besserer Qualität! Und obwohl bis Ende 2024 knapp 50 Millionen Euro eingespart würden, stecke der RBB noch 500 000 Euro zusätzlich in die regionale Berichterstattung aus Brandenburg. Das versprechen Intendantin Katrin Vernau und ihre Mitarbeiterin Anja Mellage am Mittwoch im Hauptausschuss des Landtags.

Sie skizzieren, wie es bei dem finanziell angeschlagenen Sender weitergeht. 100 Stellen sollen in den nächsten zwei Jahren sozialverträglich abgebaut werden. Ein Jahrgang von Volontären, die im Oktober ihre Ausbildung beginnen, wird halbiert. Unbebaute Grundstücke in Potsdam-Babelsberg, die für den Sendebetrieb nicht gebraucht werden, verkauft der RBB. Die Strukturen würden »von oben nach unten verschlankt«, erläutert Vernau. Es gibt demnach nur noch halb so viele Direktorenposten und einen weitgehenden Investitionsstopp. Wegen seiner Schwierigkeiten verzichtete der RBB darauf, turnusgemäß den Vorsitz innerhalb der ARD zu übernehmen. Von 36 vorsorglich schon eingestellten Mitarbeitern gingen aber nur acht, 29 sind noch da.

Einsparungen in Höhe von 21 Millionen Euro entfallen auf die Programmdirektion. Radiostationen werden aber nicht abgeschaltet. Allerdings sollen Antenne Brandenburg und RBB 88,8 in Zukunft ab 22 Uhr automatisiert senden – in der Zeit, in der die Zahl der Hörer rapide abnimmt. Da werden dann keine Moderatoren mehr gebraucht. Bei besonderen Ereignissen oder für Gefahrenmeldungen aus dem Straßenverkehr könne das automatisierte Programm jedoch unterbrochen werden, versichert Intendantin Vernau. Schon jetzt übernehmen die beiden Radiowellen zwischen Mitternacht und fünf Uhr Nachtprogramme der ARD.

Auch im RBB-Fernsehen erfolgt Vernau zufolge eine Konzentration der Ressourcen auf die Hauptsendezeit. Spätabends und nachts wird dann praktisch kein Geld mehr ausgegeben. Stattdessen werden zum Beispiel alte Beiträge aus dem Archiv wiederholt oder Radioprogramme eingespielt. »Damit passen dann auch wieder die Kosten zum Budget«, erklärt die Intendantin. Ob das alles ausreicht, wenn die Rundfunkbeiträge im Jahr 2025 nicht erhöht werden? Das sei eine »einfache Rechenaufgabe«, meint Vernau. Acht Prozent Inflation über vier Jahre hinweg bedeuteten einen Kaufkraftverlust von 36 Prozent. »Dann wird es weitere Einsparungen geben müssen«, ist die Intendantin sicher. »Es wird schwierig und wahrscheinlich nicht mehr sozialverträglich leistbar sein.« Dann wären betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen. »Wenn die Inflation sich beruhigt, wird es besser aussehen«, fügt Vernau noch hinzu.

Zur Sprache kommt auch der Vorwurf politischer Einflussnahme durch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Der soll sich selbst ins Studio Cottbus eingeladen und dort am 30. März 2022 die Journalisten in die Mangel genommen haben. So berichtete es das Magazin »Buisness Insider« ein gutes Jahr später. Den Ministerpräsidenten störte demnach, dass Brandenburg im Verhältnis zu Berlin immer weniger im Programm berücksichtigt werde.

Das bestreitet sein Staatssekretär Benjamin Grimm (SPD) nicht, als er am Mittwoch im Hauptausschuss zu der Anschuldigung Stellung nimmt. Aber der Ministerpräsident soll niemanden unter Druck gesetzt haben. »Eine Einflussnahme auf das Programm fand meines Wissens nicht statt«, sagt Intendantin Vernau. So vorsichtig muss sie das formulieren. Denn sie war damals noch nicht auf ihrem Posten und nicht dabei. Dass der Ministerpräsident als Sprachrohr der Bevölkerung für mehr Brandenburg in der Berichterstattung wirbt, hält Vernau für legitim. Sie beteuert: »Versuche der Einflussnahme werden von der Redaktion und auch von mir zurückgewiesen und sind damit wirkungslos.«

Doch damit gibt sich der Landtagsabgeordnete Péter Vida (Freie Wähler) nicht zufrieden. Er will keine Bewertungen hören, sondern die Tatsachen erfahren: »Hat es Gespräche gegeben über die Berichterstattung zum Strukturwandel in der Lausitz?« Laut »Buisness Insider« monierte der Ministerpräsident eine seinem Geschmack nach zu negative Darstellung der Folgen des Braunkohleausstiegs. Der RBB genieße eine besondere Glaubwürdigkeit, habe daher auch die Verantwortung, die Stimmung in der Region positiv zu beeinflussen. Linksfraktionschef Sebastian Walter hat jeden Versuch der Einmischung scharf kritisiert. Im Hauptausschuss bekräftigt der Abgeordnete Thomas Domres (Linke) diese Sichtweise.

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