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Asylrechtsverschärfung: Zynische Weitsicht der EU
Joel Schmidt über die geopolitische Dimension der EU-Asylreform
Europa schottet sich weiter ab. Dieses Mal sogar noch ein Stück gnadenloser und vor allem nachhaltiger als zuvor. Mit der geplanten Verschärfung des Asylrechts setzt die EU auf noch mehr Abschreckung. Bevor künftig auch nur ein Fuß auf europäischen Boden gesetzt werden kann, sollen Asylanträge an den Außengrenzen geprüft und Schutzsuchende für die Dauer des Verfahrens in eigens dafür errichteten Internierungslagern festgehalten werden.
Die Vorschläge, auf die sich die EU-Innenminister verständigt haben, stellen zwar noch keinen Beschluss dar. Sie sind Grundlage für weitere Verhandlungen im Europaparlament. Unverhohlen kommen in ihrer Härte aber schon jetzt die Zugeständnisse an rechte Regierungen zum Ausdruck, die auch in den Reihen der Union immer größeren Zuspruch bekommen. Und deren Liste in Zukunft eher länger als kürzer zu werden droht.
Unmissverständliches Signal
Neben diesen Zugeständnissen nach rechts außen stellt die EU mit ihrem Vorhaben aber auch eine zynische Weitsicht unter Beweis: Man bringt sich in Stellung für kommende Konflikte. Die Vorschläge zeigen, dass man sich der Gefahren des Klimawandels durchaus bewusst und darum bemüht ist, deren Folgen abzuschwächen. Nur leider nicht in einem ökologischen Sinn.
Vielmehr macht die EU deutlich, dass man die geopolitischen Herausforderungen verstanden hat, die dem Kontinent bevorstehen, wenn sich als Folge unserer imperialen Lebensweise Teile der Erde zu weitestgehend unbewohnbaren Orten entwickeln. Schätzungen der Weltbank zufolge könnten sich im Jahr 2050 bis zu 143 Millionen Menschen auf der Flucht befinden, weil die klimatischen Bedingungen, Wetterextreme und Ernteausfälle ihnen das schiere Überleben nicht länger erlauben. Mit der Verschärfung des Asylrechts sendet die Union bereits prophylaktisch das unmissverständliche Signal, dass der Platz innerhalb ihres Hoheitsgebietes limitiert ist.
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