Brauchen wir einen Chip im Hirn?

Elon Musk hat wieder eine neue Firma: Jetzt soll das Gehirn verbessert werden

Wissenschaftler der École Polytechnique Fédérale de Lausanne sind Musk voraus: Ihr System half bereits einem gelähmten Niederländer.
Wissenschaftler der École Polytechnique Fédérale de Lausanne sind Musk voraus: Ihr System half bereits einem gelähmten Niederländer.

Die neueste Geschäftsidee des berühmt-berüchtigten Elon Musk ist eine Firma namens Neuralink, die Chips ins Gehirn implantieren will, um Menschen zu helfen, die sich nicht oder nur wenig bewegen können. Was hältst du davon?

Brauchen wir einen Chip im Hirn?

Der gute Herr Musk ist vor allem ziemlich gut darin ist, Krach zu schlagen.

Ein Ankündigungsweltmeister eigentlich.

Ja, da ist er ganz super. Wobei er natürlich mit zwei Ideen zu Erfolgen kam: Mit seiner Raketenfirma SpaceX hat er einen Großteil der staatlich geförderten Raketenhersteller ziemlich erbarmungslos abgehängt. Und mit seiner E-Autofirma Tesla hat er die weltweite Autoindustrie ziemlich düpiert. Das sind sozusagen die Vorschusslorbeeren für Investoren. Er hat allerdings auch schon Ideen erst aufgeblasen und dann wieder fallen gelassen, wie zum Beispiel »Hyperloop«, diese hübsche Rohrpost für den Personentransport.

Ein Geistesblitz am Rande.

Da hatte er auch eine bereits ältere Idee aufgegriffen. Ebenso die mit den Implantaten. Mit dem Konzept, direkt etwas Elektronik an die Nerven anzukoppeln, wenn irgendeine Körperfunktion eben tatsächlich nicht mehr funktioniert, ist er nicht der Erste. Das fing schon mit den sogenannten Cochlea-Implantaten an.

Cochlea?

Das ist ein anderes Wort für die Hörschnecke. Wenn dieser Teil des Innenohrs kaputt ist, durch Unfälle oder schon von Geburt an, dann gibt’s die Möglichkeit – vorausgesetzt, der Hörnerv ist intakt –, einen Chip einzubringen, der die Nervenfasern anregt, das Hörsignal zu verarbeiten. Das gibt es seit den 80er Jahren. Komplizierter ist es aber, wenn bei Querschnittslähmung die gesamte Verbindung zwischen dem Gehirn und dem Rest des Körpers abgerissen ist. Es gab mal einen Mediziner, der hatte die hochgradig schräge Idee, man könnte doch einfach den Kopf eines kranken Körpers auf den eines toten, aber intakten Körpers transplantieren.

Klingt nach Gruselfilm.

Das ist zum Glück bislang reine Theorie geblieben. Was eben auch damit zusammenhängt, dass das Rückenmark, das bei Querschnittslähmungen ja beschädigt ist und das bei so einer Kopftransplantation verbunden werden müsste, aus Millionen Nervenfasern besteht, die zusammenzuflicken bislang noch alle Chirurgie überfordert hat. Insofern ist die Idee von Musk schon interessant. Man könnte das Ganze dann überbrücken, indem man die Anregungssignale aus dem Hirn am Rückenmark vorbei zu anderen Chips in den Gliedmaßen bringt und sie dort direkt an die Muskeln weitergibt.

Und woher kommt der Strom?

Bei den Cochlea-Implantaten haben sie es ganz einfach gemacht: Da ist das Mikrofon wie beim Hörgerät außen und die Stromversorgung ebenfalls. Das dürfte bei der Variante Querschnittslähmung ein bisschen schwieriger sein. Es gibt aber auch einige ganz gute Ideen, die zumindest schon im Labormaßstab realisierbar sind: zum Beispiel die Nutzung von Körperwärme als Energiequelle.

Nehmen wir mal an, der Chip im Gehirn würde funktionieren. Muss man da nicht befürchten, dass damit irgendwie Gedanken gelesen werden könnten?

Oder der ferngesteuerte Mensch? Denkbar ist gar vieles. Fragt sich, was wahrscheinlich ist. In den 1960er Jahren reisten in dem DDR-Science-Fiction-Roman »Titanus« Menschen zu einem Planeten, auf dem eine Elite den Rest der Bevölkerung über ein Implantat fernsteuerte. Eine elektronische Versklavung.

Für Sigmund Freud war der Mensch ein »Prothesengott«.

Die Idee hinter der Prothetik kommt schon aus der Aufklärung: La Mettries »Der Mensch als Maschine«. Und für eine Maschine kann man beliebige Ersatzteile produzieren und einsetzen, und dann läuft sie wieder. Das ist wohl eine etwas unterkomplexe Denkweise.

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