Gebäudeenergiegesetz: »Positives Signal« oder »Tiefpunkt der Klimapolitik«

Gebäudeenergiegesetz überzeugt Mieter*innen- und Umweltverbände nicht

Stellen Sie sich vor, Sie wollten eine Lehrveranstaltung über Gesetzgebung in Deutschland durchführen. Für Jugendliche, die gewerkschaftliche Bildung oder eine Uni-Vorlesung. Das Gebäudeenergiegesetz wäre ein Idealbeispiel. Das mediale Feuer von Konservativen und Rechten, seitdem der Entwurf öffentlich wurde, die Hochstilisierung zum Kulturkampf. Der Streit in der Koalition. All das bietet wunderbares Anschauungsmaterial, wie Politik in diesem Land funktioniert. Das gilt auch für die Reaktionen auf das Gesetz.

Wenig verwunderlich ist der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan wenig erfreut. In das Zentrum seiner Kritik stellt er in einem Tweet, dass die Ampel »die Mieter weiter mit den Kosten allein« lasse. Für das Klima sei der Entwurf auch nur wenig hilfreich. Dazu die rhetorische Frage, warum es einen Koalitionsvertrag gibt, wenn am Ende immer die FDP gewinnt.

Eine Interessengruppe, für die die FDP gekämpft hat, äußerte sich auch zu der Einigung: »Haus & Grund«, der Verband der privaten Hauseigentümer und Vermieter. Dessen Chef Kai Warnecke begrüßte das »positive Signal«. Dass erst einmal eine kommunale Wärmeplanung vorliegen soll, findet der Verband besonders gut. Aber man hat auch Forderungen. Fördermittel sollen dauerhaft zugänglich sein, ein Klimageld müsse kommen. Noch wichtiger, eigentlich sollte sich das ganze Gesetz nur am CO2-Preis orientieren, fordert Warnecke.

Die Forderung passt gut zu einem anderen Verband, der ähnliche Interessen vertritt. Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima. In den vergangenen Wochen immer gerne zitiert, wenn jemand dafür argumentieren wollte, dass es längere Übergangsfristen braucht. Chef Helmut Bramann lobt die »Technologievielfalt«, die es ermögliche, einen breiten »gleichberechtigten Einsatz aller Erfüllungsoptionen mit erneuerbaren Energieträgern« anzubieten. Im Klartext, der Vertreter des »umsetzenden Fachhandwerks« ist erfreut, auch in Zukunft Gas- und Pelletheizungen anbieten zu können.

Solche Ideen kommen bei den Umweltverbänden überhaupt nicht gut an. Die Geschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe Barbara Metz nennt den Entwurf einen »Tiefpunkt für die Klimapolitik dieser Bundesregierung«. Dass auch in Neubauten noch länger Gasheizungen eingebaut werden dürfen, hält sie für »klimapolitischen Irrsinn«. Heizungen mit fossilem Gas könnten bis 2045 betrieben werden, »wenn sie nur einen Sticker H2-Ready« (Für den Betrieb mit Wasserstoff bereit.) trügen. Auch Metz sieht im Gesetzentwurf die »Handschrift der FDP« und fordert alle Bundestagsabgeordneten auf, dagegen zu stimmen.

Bei unserer Lehrstunde könnten wir nun Interessengruppen bündeln oder sie Parteien zuordnen. Eigentümer*innen und Handwerker*innen würden ihren Platz wohl in der Nähe der FDP finden. Mieter*innenvertreter wie der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, kritisieren, dass die Kosten für Mieter*innen weiter steigen könnten. Siebenkotten fordert »mehr Mieterschutz« statt »weiterer Mieterhöhungsmöglichkeiten«, wie sie die neue Modernisierungsumlage bringen könnte. Die Mieter*innen könnte man beim Eingruppieren also wohl irgendwo in die Nähe der Linken legen.

Eine Karte, die irgendwo am Rand liegen würde, ist die, auf der »AfD« steht. Von »bürgerfeindlichem Etikettenschwindel«, »Bevormundung«, »unzumutbaren Mehrbelastungen« und »Planwirtschaft« sprechen Alice Weidel und Tino Chrupalla. Die AfD versucht durch verbale Rundumschläge einfach alle zu erreichen, die irgendwie unzufrieden sind. Eine Strategie, mit der sie den Ton in der Debatte verschärft.

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