- Kommentare
- Türkei
Türkische Volte
Erdoğans unterstützt die Ukraine beim Nato-Beitritt
Es ist billig für den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan, der Ukraine das Recht zuzusprechen, Mitglied der Nato zu werden. Kosten tut ihn das vorerst nichts, denn ob und wann die Ukraine der Nato beitreten darf, das müssen ihre Mitglieder entscheiden – einstimmig. Bislang haben unter anderem die USA und auch Deutschland in dieser Frage immer den Fuß vom Gaspedal genommen. US-Präsident Joe Biden wies nach Erdoğans Erklärungen explizit darauf hin, dass es zu dieser Zeit keine Einstimmigkeit unter den Nato-Staaten für die Aufnahme der Ukraine gebe. Erdoğans Geste ist also in erster Linie ein symbolischer Freundschaftsbeweis in Richtung Kiew, mit dem er sich die Unterstützung eines strategisch wie geopolitisch wichtigen Anrainers am Schwarzen Meer zu sichern sucht. Dennoch beobachtet die russische Regierung diese türkische Volte sehr genau.
Als wäre das nicht genug, hat die Türkei die vorzeitige Rückkehr mehrerer Kommandeure des faschistischen Asow-Regiments in die Ukraine erlaubt. Für Moskau »nichts anderes als ein direkter Verstoß gegen die bestehenden Vereinbarungen«, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut russischen Nachrichtenagenturen. Erdoğan scheint Putin herausfordern zu wollen, testet aus, wie weit er gehen kann mit einer eigenständigen Außenpolitik, die sich einpendelt zwischen dem westlichen Bündnis und guten Beziehungen zu Moskau. Mit den Nato-Partnern abgestimmt war das offenbar nicht. Für Russland dürfte all das nicht leicht zu schlucken sein, aber Druckmittel gegen die Türkei hat es auch nicht in der Hand. Erdoğan bleibt ein zu gewichtiger Partner: als Abnehmer russischen Gases, als Hüter über die Dardanellen an der Zufahrt ins Schwarze Meer und als neutraler Verbündeter, der die Sanktionen gegen Russland bewusst nicht mitträgt.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.