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  • Illegaler Getränkehandel in Berlin

Mauerpark in Prenzlauer Berg: Kampf um die Flaschenhoheit

Im Mauerpark in Pankow verdienen sich Getränkeverkäufer etwas dazu, doch nun schreitet der Bezirk ein

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 4 Min.
Hendrik Nowak lässt sich von den Kontrollen nicht abhalten. Seit acht Jahren bessert er so seine kleine Rente auf.
Hendrik Nowak lässt sich von den Kontrollen nicht abhalten. Seit acht Jahren bessert er so seine kleine Rente auf.

Zwei Euro kostet das Bier bei Hendrik Nowak, egal ob Berliner Pilsner, ein Corona Extra, ein Beck’s Green Lemon oder ein Lübzer Radler. Nowak hat sein Sortiment vor sich aufgereiht. Kommen Kund*innen vorbei, holt er das gewünschte Getränk aus einer blauen Kühlbox. Am Sonntag hat er viel zu tun: Direkt neben dem Amphitheater im Mauerpark, wo Hunderte bei Temperaturen über 30 Grad zu Coverversionen von Green Day oder Amy Winehouse johlen, versorgt der Rentner die durstigen Parkbesucher*innen.

Nowaks Geschäftsidee ist simpel, gut – und illegal. Meistens lässt das Bezirksamt Pankow zwar ihn und die übrigen Getränkeverkäufer*innen gewähren. Doch seit drei Wochen verfolgt das Ordnungsamt gezielt die lizenzfreien Stände. Mit sogenannten Schwerpunktaktionen kontrollieren Mitarbeiter*innen in Zivil den unerlaubten Handel. An zwei Sonntagen im Juni stellten sie nach Angaben des Bezirksamtes 21 Anzeigen und konfiszierten mehrere Hundert Liter Alkohol. Die Begründung: »Negative Auswirkungen für den Mauerpark« ergäben sich nicht nur durch Müll, sondern auch »durch den illegalen Handel, insbesondere mit alkoholischen Getränken«.

Tatsächlich unterliegt der Getränkeverkauf strengen Regeln. In Parks gilt ganz prinzipiell ein Verkaufsverbot. Denn Grünflächen sollen primär der Erholung und nicht dem Handel dienen. Und auch außerhalb von Parks braucht es eine rote Karte, die zum Umgang mit Lebensmitteln berechtigt, und einen Gewerbeschein. Hendrik Nowak hat weder das eine noch das andere – und deshalb seit zwei Wochen eine Anzeige am Hals. Aufhören will er darum noch lange nicht: »Ich muss ja weiter Geld verdienen, damit ich die Strafe bezahlen kann.« Für die Ordnungswidrigkeit fangen die Geldbußen bei 150 Euro an.

Zwischen 180 und 240 Euro nehme er an einem sommerlichen Sonntag ein, erzählt er »nd«. Damit bessere er seine Rente von 544 Euro im Monat auf, und das schon seit acht Jahren. »Wenn ich Miete und Nebenkosten abziehe, bleiben mir 316 Euro zum Leben, und jetzt ist alles schweineteuer geworden.« Neben dem Verkauf sammelt Nowak Pfand, vor seinem Stand stehen zwei gut gefüllte Taschen mit Leergut. Ungefähr 20 Euro wert, schätzt Nowak.

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Auch an weniger lebhaften Tagen sei er zum Pfandsammeln unterwegs, sagt Nowak und deutet auf einen elektrischen Rollstuhl mit Anhänger. Nach zwei Schlaganfällen sei er für längere Strecken auf sein Gefährt angewiesen. Die neuerdings regelmäßigen Kontrollen ärgern ihn: »Ich halte den Park sauber, ich schade niemandem.«

Alexander Puell vom Verein Freunde des Mauerparks begrüßt hingegen die Schwerpunktkontrollen. Vor den sonntäglichen Rundgängen des Ordnungsamtes habe der illegale Getränkehandel die Atmosphäre im Park stark beeinträchtigt, berichtet Puell. »Zum Anfang der Saison standen da fünf Leute mit Bierkästen, bevor das kulturelle Angebot überhaupt begonnen hat.« Die Händler*innen pöbelten sich untereinander an, zudem seien auch Kinder mit Alkohol im Angebot herumgelaufen. »Wenn Minderjährige in brüllender Hitze mit anpacken müssen und Getränke mit dem Lkw angekarrt werden, dann ist da jegliches Augenmaß verloren«, so Puell.

Dazu komme der Jugendschutz: Die fliegenden Händler*innen würden schließlich keine Ausweise kontrollieren und selbst stark betrunkenen Menschen weiter Alkohol ausschenken. Insbesondere der Konsum von hochprozentigen Drinks in Verbindung mit Hitze habe in den vergangenen Monaten mehrmals zu Rettungseinsätzen geführt.

Und schließlich macht Puell noch auf einen Umweltaspekt aufmerksam. Im Gegensatz zum gastronomischen Gewerbe könnten die mobilen Verkäufer*innen keine Toiletten zur Verfügung stellen. Mehr Getränke im Park bedeute deshalb auch mehr Wildpinkelei: »Und das macht den ohnehin zu wenigen Bäumen im Park sehr zu schaffen.«

Er betont aber, dass der Verein nichts gegen gemäßigten legalen Getränkeverkauf einzuwenden habe. »Wir stehen nicht für Law and Order. Wir versuchen, Freiräume zu erhalten.« Die Interessen der Parkbesucher*innen, der Jugendlichen, der Touris, der Grillbegeisterten und der Kulturschaffenden müssten alle einbezogen werden. »Es braucht eine gewisse Balance.«

Weil das Ordnungsamt seit Längerem an Sonntagen kaum noch kontrolliert hatte, sei die Balance aus dem Gleichgewicht geraten. Der Effekt nach drei Wochen verstärkter Ahndung sei nun direkt zu spüren: »Das hat sich erfreulich schnell verändert und die Mehrzahl der fliegenden Händler motiviert, nicht mehr mit Getränken aufzutauchen.«

Verkäufer*innen, die am Sonntag oberhalb des Amphitheaters Aperol Spritz mixen und dann im Publikum verkaufen, können diese Argumente nicht nachvollziehen. »Es sollte eine Möglichkeit geben, dass Leute arbeiten können«, sagt eine Person, die anonym bleiben möchte. Sie fordert die Schaffung legaler Verkaufszonen. »Die Leute sind durstig, wir versorgen sie«, sagt der Verkäufer und schüttet Aperol in Plastikbecher.

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