Verkalkuliert

Der niederländische Premier Mark Rutte verlässt zunächst die Politik

Aussteiger Mark Rutte: Verkalkuliert

Er ist schwer zu greifen und eine Ausnahmeerscheinung: Mit knapp 13 Jahren als Ministerpräsident ist er der am zweitlängsten amtierende der Niederlande und einer der dienstältesten Regierungschefs der EU-Staaten. Einmalig ist auch, dass der Regierungschef, der in Leiden Geschichte studierte und vor seinem Gang in die Politik beim Konsumgüterkonzern Unilever in leitenden Funktionen tätig war, nebenbei einmal pro Woche an einer Sekundarschule in Den Haag Sozialkunde unterrichtet. Seit er am 14. Oktober 2010 das erste Mal ins Amt kam, hat Mark Rutte etliche Machtspiele bestanden und einige Skandale an sich abprallen lassen. Ihren Höhepunkt überschritten hat die Rutte-Ära allerdings schon eine Weile. Kabinett IV war nach der Wahl vom Frühjahr 2021 nach langwierigen Verhandlungen nur mühselig zustande gekommen. Die vorherige Regierung unter Rutte war nach einem Skandal um unrechtmäßig von den Behörden zurückgeforderte Beihilfen für die Kinderbetreuung zurückgetreten.

Mit Verhandlungsgeschick und Dauerlächeln präsentiert Rutte sich stets als ein moderner Manager des Politikgeschäfts. Doch nun ist bei »Teflon-Mark« der Lack ab. Er hat sich verzockt: Mit Forderungen nach einer härteren Gangart gegenüber Kriegsflüchtlingen brachte der Politiker von der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) seine Regierungskoalition am vergangenen Freitag nach nur 18 Monaten zu Fall. Wie sich zeigte, fürchtet die daran beteiligte Christen-Union weder Tod noch Teufel und auch keine Neuwahlen. Am Montag überraschte Rutte dann alle Welt mit der Erklärung, dass er aus der Politik aussteigt. Ein fünftes Kabinett unter seinem Namen wird es nicht geben. Bis zur vorgezogenen Parlamentswahl Mitte November will der 55-Jährige aber noch geschäftsführend im Amt bleiben. Und Ruttes bevorstehender Rückzug aus der nationalen Politik wird wohl nicht den Verzicht auf höhere Aufgaben für alle Zeit bedeuten.

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