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Material-Schlacht beim Zeitfahren der Tour de France
Jonas Vingegaard baut sein Führung aus, auch weil sein Team alles in die optimale Aerodynamik beim Zeitfahren steckte
Vor dem Rasen kommt das Messen. Bevor die Teilnehmer des Zeitfahrens der Tour de France am Dienstag überhaupt auf den Startblock in Passy durften, wurden ihre Sportgeräte brav zu den Kontrolleuren gebracht. Diese wogen, maßen Rahmenhöhe, Sattel und Vorbauten. Denn der Weltradsportverband UCI hat detaillierte Vorgaben, um ein gewisses Maß an Chancengleichheit herzustellen. Sie reichen von der Breite des Lenkers – nicht schmaler als 35mm – über die Größe der Trinkflaschen bis hin zu Länge und Breite der Helme.
Bei allem handelt es sich um Einschränkungen, die den Kampf um die aerodynamisch günstigste Form beeinflussen. Denn genau darum geht es beim Zeitfahren: die zu tretenden Wattzahlen für die Fahrer zu sparen, indem man den Luftwiderstand reduziert. Am besten klappte das diesmal bei Jonas Vingegaard, der die Etappe gewann und seine Gesamtführung auf 1:48 Minuten ausbaute.
Tom Mustroph, Radsportautor und Dopingexperte, berichtet zum 22. Mal für »nd« von der Tour de France.
Bis zu 30 Watt Vorteil hole ein im Windkanal optimiertes Setup von Rad, Rennkleidung, Helm und Sitzposition, wie es die großen World-Tour-Rennställe hätten, im Vergleich zur normal verkäuflichen Ausstattung, wie sie die kleineren Continental-Teams hätten, ist sich Rolf Aldag von der Bora-Mannschaft sicher. Deshalb ist die Optimierung der Aerodynamik derzeit so ausgefeilt wie wohl noch nie beim Radsport.
Am deutlichsten sieht man dies an den Helmen. Es gibt die ganz langen Exemplare, die die Fahrer ein wenig wie Film-Aliens aussehen lassen. »Die sind oft gut«, urteilt Aldag. »Allerdings nur so lange«, schränkt er ein, »wie man die Position hält. Wenn man anfängt, einmal nach unten zu gucken, welchen Gang man jetzt drauf hat, ist es vorbei mit der großen Aerodynamik.«
Viel hängt also vom Fahrer ab: Welche Haltung nimmt er im Rennen ein und wie oft ändert er sie wieder. »Die Helme mit dem langen Hinterteil sind richtig gut für jene Fahrer, die dieses Ende gut auf dem Rücken halten können. Aber wir haben auch manche, die den Kopf ziemlich tief halten und nach unten schauen. Dann würde das Ende steil in die Luft ragen, was aerodynamisch schlecht ist«, erklärt Koen de Kort, Ex-Profi und Technikspezialist beim Rennstall Lidl-Trek, im Gespräch mit »nd«.
Deshalb traten in jüngster Zeit ziemlich kurze und breite Helme in Konkurrenz zu den außerirdisch wirkenden Kopfbedeckungen. »Sie ähneln den ganz breiten Dingern, wie sie Speedskier haben. Sie sind geschwungen. Und die Vermutung ist, dass das funktioniert, wenn man den Kopf vor dem Körper hält«, erläutert Aldag. Beim Rennstall EF sind solche Helme im Schwange.
Den Vogel schoss zuletzt das norwegische Team Uno-X ab. Es wartete im Frühjahr mit ganz breiten, runden Helmen auf, die die in Science Fiction geschulten Beobachter an die der Sturmtruppen aus »Star Wars« erinnerten. Das Konzept hier ist, dass die Luft breit um den Kopf fließen kann und am besten gar nicht am Körper dahinter verwirbelt wird.
Für die Zukunft sind noch mehr neue Formen zu erwarten. »Ich denke, das ist der nächste Schritt im Radsport, dass jeder sein individuelles Equipment hat wie Helme oder auch Lenker«, meint Jenco Drost, Entwickler beim Rennstall Jumbo-Visma. Er sieht den Fortschritt momentan nur durch den Faktor Finanzen ausgebremst. »Wir sind nicht die Formel 1, haben momentan nicht das Geld dafür. Aber wenn wir es hätten, würde ich sagen: Wir entwickeln für jeden Fahrer seinen eigenen Helm.«
So gesehen war die Vielfalt bei diesem Einzelzeitfahren in Passy nur ein Vorgeschmack auf noch individuellere Formen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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