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Florian Lipowitz veredelt die Deutschland-Tour

Dem neuen Radstar liegt das Tourprofil nicht gerade – darum fährt er in erster Linie für die Sympathiepunkte

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 4 Min.
Nach seinem famosen Auftritt in Frankreich neuer Zuschauermagnet: Florian Lipowitz
Nach seinem famosen Auftritt in Frankreich neuer Zuschauermagnet: Florian Lipowitz

Wie die Bilder sich ähneln. Versammelten sich vor gut einer Woche Menschenmassen in Komenda, dem Heimatort von Tadej Pogačar, um ihren Liebling zu feiern, so wiederholte sich dieses Szenario vor wenigen Tagen im schwäbischen Laichingen. Einwohner und jede Menge angereiste Radsportfans standen dicht gedrängt auf dem Marktplatz vor der Tribüne, auf der sich Florian Lipowitz ins Goldene Buch seiner Heimatstadt eintrug.

Nach seinem dritten Platz bei der Tour de France ist der ehemalige Biathlet nun ein Star in Deutschland. »Es ist natürlich was Schönes, im Heimatort so empfangen zu werden. Es freut mich, dass die Stadt etwas macht und ich hierherkommen konnte«, sagte der 24-jährige. Und weil sein Arbeitgeber Red Bull in Marketingsachen nicht ganz unerfahren ist, werden sich diese Szenen in nächster Zeit wiederholen. Und so wurde Lipowitz kurzfristig in das sechsköpfige Aufgebot für die Deutschland-Tour berufen, die an diesem Mittwoch mit einem Prolog in Essen beginnt.

Überraschend ist sein Start deshalb vor allem aus sportlicher Sicht. Denn die großen Berge, auf denen Lipowitz in Frankreich so brillierte, fehlen bei dieser Rundfahrt. Die anspruchsvollste Rampe ist wohl der 2,6 Kilometer lange Battenberg mit einer siebenprozentigen Steigung auf der dritten und vorletzten Etappe zwischen Arnsberg und Kassel. Aber auch der liegt noch knapp 100 Kilometer vor dem Zielstrich in der Documenta-Stadt und bietet sich daher nicht für einen entscheidenden Antritt im Kampf um einen Etappenerfolg oder den Gesamtsieg an.

Lipowitz fährt fürs Team

Auch die Regenerationsqualitäten von Lipowitz werden bei insgesamt 741 Kilometern in fünf Tagen nicht besonders herausgefordert. Er selbst kündigte deshalb an, sich vor allem in den Dienst seiner Teamkollegen zu stellen, die mehr Qualitäten bei Massensprints und auf Hügeltappen haben. »Das Profil liegt eher unseren Sprint- und Klassikerspezialisten«, wird er in einer Mitteilung seines Teams zitiert und nennt dabei explizit das belgisch-niederländische Sprint-Duo Jordi Meeus und Danny van Poppel sowie den Klassikermann Laurence Pithie aus Neuseeland. Lipowitz selbst wolle hingegen »den Jungs jetzt etwas zurückgeben und ihnen helfen, Erfolge einzufahren«. Alle drei Genannten waren als Helfer bei der Tour dabei.

Dass sich Lipowitz bei der Deutschland-Tour jetzt ähnlich engagieren wird wie sein Helfertrio bei der Frankreich-Rundfahrt, gilt als ausgemacht. Er gönnt auch anderen den Platz an der Sonne. Und für einen Rundfahrtkapitän ist es immer gut, Helfer zu haben, die bis zum Anschlag motiviert sind, weil sie wissen: Auch ihr Kapitän verausgabt sich voll für sie, bei Rennen, in denen sie Chancen haben.

Die Favoriten sind andere Fahrer

Lipowitz dürfte bei der fünftägigen Rundfahrt daher weiter an Sympathiepunkten gewinnen, auch wenn für ihn keine Siege auf der Strecke hinzukommen dürften. Größter Favorit ist der Belgier Wout van Aert. Der Hügelparcours zwischen Arnsberg und Kassel ist dem Sieger der Abschlussetappe der diesjährigen Tour de France wie auf den Leib geschneidert. Genügend Unterstützung hat der Visma-Kapitän ebenfalls dabei. Neben Routinier Steven Kruijswijk aus den Niederlanden sind der britische Gewinner der Tour of Norway, Matt Brennan, und der deutsche U23-Weltmeister Niklas Behrens an seiner Seite. Größte Gegenwehr dürfte neben dem starken Red-Bull-Block von Top-Sprinter Jonathan Milan kommen. Der Italiener von Lidl-Trek gewann zuletzt die Punktewertung der Tour de France.

Von deutscher Seite sollte man noch Nils Politt, der 2021 Sieger der Rundfahrt war, Georg Zimmermann, der zweimal Sieger der Nachwuchswertung wurde und nach seinem Sturz-Aus bei der Tour wieder genesen ist, den Zeitfahrmeister Max Schachmann und die beiden hügelfesten Sprinter Phil Bauhaus und Pascal Ackermann beachten. Überhaupt ist das deutsche Aufgebot mit 31 Startern recht groß. Nachwuchstalente sind neben Behrens der erst 20-jährige Emil Herzog von Red Bull und der 23-jährige gebürtige Strausberger Hannes Wilksch. Der größte Zuschauermagnet wird aber ganz sicher Lipowitz sein.

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