Die Löwin war nur ein Wildschwein

Falscher Alarm in Kleinmachnow – Suche nach dem Raubtier eingestellt

Die Löwin, die am Donnerstag in Kleinmachnow und bis nach Berlin hinein für helle Aufregung und Schlagzeilen sorgte, hat sich bei genauerem Hinsehen mit hoher Wahrscheinlichkeit als Wildschwein entpuppt. »Nach allem menschlichen Ermessen gehen wir davon aus, dass es keine Löwin ist«, erklärte Bürgermeister Michael Grubert (SPD) am Freitag. Es bestehe keine akute Gefahr.

Mehr als 100 Polizisten mit mehr als 30 Streifenwagen hatten sich in der Umgebung auf die Suche gemacht und unter anderem ein Waldstück durchforstet, dort aber außer Wildschweinen keine großen Tiere aufgestöbert. Auch Polizeihubschrauben waren im Einsatz. Die Löwin sollte möglichst betäubt und eingefangen werden. Für den Notfall hielt sich ein Jäger bereit, das Raubtier abzuschießen. Bevor am Freitagmittag Entwarnung gegeben wurde, informierte die Gemeinde Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark) noch einmal über einen Fehlalarm am Schleusenweg. Ein Bürger hatte geglaubt, die Löwin dort zu erblicken. Die Polizei scheuchte aber nur eine Bache mit Frischlingen auf. Auslöser der ganzen Aufregung von Donnerstagmorgen bis Freitagmittag war ein Notruf, der um Mitternacht einging: Am Richard-Strauss Platz streiche ein wildes Tier herum. Dazu machte ein mit einem Mobiltelefon aufgenommenes Video die Runde, auf dem angeblich eine Löwin zu sehen war.

Hinterher meinten Beamte und Bürger, das Raubtier ebenfalls gesichtet zu haben, unter anderem am Panzerdenkmal an der Autobahn. In der Nacht zum Freitag war dann im nahen Berlin-Zehlendorf Löwengebrüll zu hören. Doch das drang aus einem Lautsprecher. Da erlaubte sich jemand einen schlechten Scherz.

Gleich verdächtig erschien, dass weder Tierpark noch Zoo in Berlin und auch kein Zirkus einen Löwen vermissten. Am Freitag veröffentlichte die Gemeinde Kleinmachnow zwei Abbildungen mit den nachgezeichneten Umrissen des Tiers auf dem Video und einer dazu gestellten Löwin. In der erklärenden Bildunterschrift heißt es: »Die Konturlinie zeigt Haltung und Körperform eines Löwen im Vergleich zum Tier auf dem Video. Sowohl die Form des Rückens als auch des Schwanzes und des Hinterlaufs entsprechen nicht der einer Löwin, sondern eher eines Wildschweines.«

Spurenleser Georg Messerer hatte die Aufnahmen von zwei Fachleuten analysieren lassen. Mehrere Experten hatten zuvor ihre Zweifel geäußert. So sagte der Wildtierexperte Derk Ehlert dem RBB-Inforadio, er sehe auf dem Video lediglich zwei Wildschweine von links nach rechts laufen. Zwischenzeitlich hieß es sogar, die Löwin habe ein Wildschwein gerissen. Doch auch davon keine Spur. Es wurde kein totes Wildschwein entdeckt.

Derweil sind in einem Gebiet in den Landkreisen Oder-Spree und Dahme-Spreewald bereits seit dem 29. Oktober 2021 keine Fälle von Afrikanischer Schweinepest (ASP) mehr nachgewiesen worden. Bei Wildschweinen nicht mehr und bei Hausschweinen in dieser Gegend sowieso noch nie. Deshalb können dort nun Teile der Sperrzone zwei aufgehoben werden und die Sperrzone eins werde verkleinert, informierte das brandenburgische Verbraucherschutzministerium am Freitag. Die EU-Kommission habe dies gebilligt. Hier kann das Fleisch erlegter Wildschweine nach einem negativen Labortest nun wieder vermarktet werden. Hausschweine dürfen ohne Beschränkungen wieder abtransportiert werden. Rund 10 000 Hausschweine werden in dem 1300 Quadratkilometer großen Gebiet gehalten. Mit dem Abbauen der Schutzzäune könne begonnen werden, hieß es.

Die Afrikanische Schweinepest war durch infizierte Wildschweine aus Polen eingeschleppt worden. Der erste Fall in Deutschland war am 10. September 2020 amtlich festgestellt worden. Es handelte sich um ein im Landkreis Spree-Neiße verendetes Wildschwein.

Zum ersten Mal in Europa konnte die Afrikanische Schweinepest jetzt in einem Gebiet »vollständig getilgt« werden, freute sich Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). »Besonders für die Schweinehalter ist das eine große Erleichterung und eine sehr gute Nachricht.« Die Bekämpfung der Schweinepest in anderen Landesteilen werde fortgesetzt. Bis jetzt erstattete das Land Brandenburg den betroffenen Landkreisen Kosten in Höhe von 104 Millionen Euro.

»Wir hatten allein im Landkreis Oder-Spree phasenweise bis zu 300 Personen gleichzeitig im Einsatz«, berichtete Landrat Rolf Lindemann (SPD). Glücklicherweise sei die Veterinärverwaltung von vielen haupt- und ehrenamtlichen Helfern unterstützt worden – von Bundeswehr, Feuerwehr und Technischem Hilfswerk, von Jägern, Forstleuten und Landwirten. »Im Zusammenwirken wurde hier Hervorragendes geleistet, wenn man sich vor Augen hält, dass parallel die Corona-Pandemie zu bewältigen war.«

Aktuell haben in Brandenburg sieben Landkreise und die Stadt Frankfurt (Oder) mit der Schweinpest zu kämpfen. Restriktionen unterliegen dabei weiter auch Teile von Oder-Spree, etwa die Städte und Gemeinden Neuzelle Eisenhüttenstadt, Müllrose und Bad Saarow.

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