Energiewende: Die Roten streichen grün an

Linke will in Brandenburg »Klimaschutzpartei« sein

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Linke in Brandenburg will sich als Klimaschutz-Partei profilieren. Ohne Akzeptanz bei den Menschen und ohne finanzielle Untersetzung werde die Umsetzung der notwendigen Wende auf diesem Gebiet aber nicht gelingen, unterstrich der umweltpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Thomas Domres. Die Linke fordert, dass der Klimaplan des Landes nicht allein effizient und wirksam ist, sondern dass er auch sozial gerecht und verträglich abgefasst wird.

Am Dienstag legte Domres im Potsdamer Landtagsschloss das Anforderungsspektrum der Linken in der Klimapolitik vor. Er kritisierte, dass die rot-schwarz-grüne Regierung terminlich schon über ein Jahr im Verzug und damit weit hinter ihren selbst gesteckten Zielen zurückgeblieben sei. Der Klimaplan der Regierung hätte plangemäß im Juli vorliegen müssen. Daraus sei nichts geworden, sagte er. Schon das Gutachten des Instituts für Ökologische Wirtschaftsforschung, auf dem die Regierungspläne fußen sollten, habe erst mit einjähriger Verzögerung die politische Ebene Brandenburgs erreicht.

Aus der Perspektive von Domres müsse es darauf ankommen, die Klimaschutzziele so konkret wie möglich zu formulieren und sie auch verbindlich festzuschreiben. An einem Gesetz gehe da nichts vorbei. Domres forderte, die Klimamaßnahmen so zu gewichten, dass sie auch gerichtlich eingeklagt werden könnten.

»Ohne finanzielle Untersetzung ist kein Klimaplan etwas wert«, so der der umweltpolitische Sprecher der Linken. Ihm bereite Sorgen, dass der Beschluss eines Klimaplans durch das Potsdamer Kabinett deshalb wenig oder nichts bedeuten könnte, weil im gegenwärtig gültigen Haushalt keinerlei Mittel für die Umsetzung solcher Klimaziele vorgesehen seien.

Domres nannte als Beispiel Berlin, wo Klimaschutzmaßnahmen aus einem Sondervermögen von einer halben Milliarde Euro bezahlt werden könnten. Berlin wolle mit diesem Sondervermögen Maßnahmen zur Energieeinsparung im Verkehrswesen und bei den Gebäuden finanzieren. »Das hat Brandenburg noch vor sich.«

Die Berliner Stadtregierung hat sich vorgenommen, schon lange vor 2045 »klimaneutral« zu sein, also auf fossile Energieträger bei Strom und Heizung zu verzichten. Auf die Frage, ob Brandenburg sich darauf vorbereiten könne, die Zahl seiner Windräder und Solarflächen zu vervielfachen, damit Berlin die Erfüllung seiner Klimaziele verkünden könne, sagte Domres, es sei doch klar, dass man auf dem Alexanderplatz keine Windräder aufstellen könne.

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Bei der Photovoltaik hingegen müsse die Hauptstadt »ihre Hausaufgaben machen«. In dieser länderübergreifenden Frage setze er auf Kooperation, auf Verbundsysteme und auf eine Lösung über die Grenzen Berlins und Brandenburgs hinaus.

Schon heute gebe es Tage, an denen Brandenburg den gesamten Energieverbrauch mit eigenem Wind- und Solarstrom decke. Kritiker halten dagegen, dass es auch ganz andere Tage gebe und in einer eiskalten Winternacht bei Windstille das gesamte System der erneuerbaren Energien keine einzige Kilowattstunden abgebe. Ein System der Energiebereitstellung, das entweder viel zu viel oder viel zu wenig Strom erzeuge, sei nicht grundlastfähig, so der Vorwurf.

Vor zwölf Jahren hatte ein Genosse von Domres, der von der Linken gestellte Wirtschaftsminister Ralf Christoffers, gesagt: »Ich unterstütze den Umstieg auf die (sogenannten) erneuerbaren Energien. Aber wenn wir innerhalb von zehn Jahren nicht das Problem der massenhaften Speicherung von Energie gelöst haben, dann haben wir mit Zitronen gehandelt.« Da dieses Problem bis heute nicht gelöst ist oder die Lösung allenfalls eine Hoffnung darstellt, ist das Projekt nach der Christoffer’schen Wahrnehmung gescheitert. »Ich falle ungern dem Ralf
Christoffers in den Rücken«, sagte Domres, darauf angesprochen.

Doch sei er nicht ganz so pessimistisch. In der Speichertechnik und bei den Netzsystemen haben sich zwischenzeitlich viel entwickelt. Domres nannte die Batteriespeicherung und Systeme für einzelne Einfamilienhäuser. Er verwies auf ein lokales Projekt in der Prignitz. Dort habe die öffentliche Hand ein Grundstück gekauft, wo eine Anlage errichtet werde, in der die Energiespeicherung auf Wasserstoffbasis erfolgen könne. Zweifler merken dabei allerdings an, dass riesige Mengen Wasser erforderlich wären, um auf diese Weise nennenswert Energie zu speichern. Wasser, das in der trockenen Mark Brandenburg gar nicht vorhanden sei.

Die zentrale Forderung von Domres an den brandenburgischen Klimaschutzplan lautet, er müsse die Einhaltung des Ziels gewährleisten, »die Treibhausgasemissionen bis 2045 auf null zu senken.« Auf Nachfrage setzte Domres hinzu, gemeint sei, dass keinerlei zusätzliche Träger von im Erdreich gebundenem Kohlenstoff (Kohle, Öl, Gas) der CO2-Bilanz über der Erdoberfläche hinzugefügt werden dürften.

Einer wachsenden Zahl von Menschen macht inzwischen das Wort AfD weniger Angst als das Wort Klimaschutz. Laut Domres zeigt sich darin das Versagen der Bundes- und Landesregierung. Er forderte, diese Sorgen ernst zu nehmen. Hierbei zeige sich die Verantwortung der Regierenden, den Menschen die Angst vor dem Wandel in der Energiepolitik zu nehmen. Sie dürften sich bei diesem Prozess nicht als »Leidtragende« wahrnehmen.

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