Protest bei der IAA: »Der Autolobby in die Suppe gespuckt«

Gegner der Automobilmesse IAA fordern eine weitreichende Verkehrswende

  • Thomas Herterich, München
  • Lesedauer: 3 Min.

Begleitet von friedlichen Protesten ist am Sonntag in München die Automesse IAA Mobility zu Ende gegangen. Gegner der IAA hatten zum Abschluss unter dem Motto #blockIAA demonstriert. Die Veranstalter schätzten, dass zu Beginn des Zuges mehr als 3000 Menschen zu dem Protest gekommen waren. Divers und bunt zog die Versammlung Richtung Innenstadt. »Wir wollen unseren Protest kollektiv auf die Straße tragen und Menschen eine Plattform geben, um sich an den Aktionen zu beteiligen«, sagt die Klimaaktivistin Lisa Pottinger zum »nd«. Die Demonstrierenden übten auch Kritik an einer fehlenden Infrastruktur für eine dringend benötigte Verkehrswende. Sie kritisierten eine Dominanz des Autoverkehrs und forderten den Ausbau von Fahrradwegen sowie des öffentlichen Nahverkehrs.

Eine positive Bilanz zogen auch die Veranstalter der Automesse. Tagelang seien Menschenmassen zu den Angeboten in der Innenstadt gekommen, sagte die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. Die Demonstrierenden seien nur »eine kleine Gruppe, die mit ihrem Aktivismus versucht, die Veranstaltung zu stören«.

Die IAA wurde am Dienstag offiziell eröffnet und war, wie bereits vor zwei Jahren, von etlichen unangemeldeten Protestaktionen begleitet. Gruppen wie Attac, Greenpeace und Extinction Rebellion hatten demonstriert, teilweise wurden ihre Aktionen von der Polizei verhindert.

Bei einer Adbusting-Kampagne von Attac wurden Werbeplakate eines bekannten Autoherstellers in Schaukästen ausgetauscht. Mit dem Slogan »Die Freiheit, die ihr meint« zeigte Attac drei Plakate mit unterschiedlichen Motiven. Dabei fährt ein großer SUV jeweils durch eine dystopische Landschaft: Auf dem ersten Plakat fällt Berlin – erkennbar durch den Berliner Fernsehturm und die Radarstation auf dem Teufelsberg – einem Waldbrand zum Opfer. Auf dem zweiten Plakat versinkt München im Wüstensand; nur noch Teile der Türme der Frauenkirche und des Olympiaparks sind zu erkennen. Auf dem dritten Plakat schließlich versinkt Hamburg mit der Elbphilharmonie und dem Hamburger Michel in den Fluten.

Attac erklärte am Sonntag, man habe mit den Aktionen »der Autolobby in die Suppe gespuckt«. Die IAA sei eine »dreiste Greenwashing-Show«, hieß es. »Denn ob Verbrenner, E-Auto oder gar E-Fuels: Motorisierter Individualverkehr ist keine Lösung«, sagte Noa Neumann von der Jugendorganisation Junges Attac. Diverse antikapitalistische Gruppen stimmten in diese Kritik ein. Das Aktionsbündnis »Smash IAA« kritisierte den kapitalistischen Raubbau an natürlichen Ressourcen. Noch immer habe die Maximierung von Gewinnen Priorität gegenüber dem Klimaschutz. Auch die E-Mobilität wird kritisiert, weil es für die Batterien Lithium braucht, für dessen Abbau in Portugal oder Südamerika erneut Naturräume zerstört werden.

Attac warf der Polizei vor, eine »permanente Drohkulisse« aufgebaut zu haben. Es gab viele Kontrollen in der Münchner Innenstadt. Nicht nur Aktivist*innen wurden kontrolliert, sondern auch Anwohner*innen und Messebesucher*innen. Es kam auch zu Übergriffen von Beamten gegen Demonstrierende. Am Samstag hatte es bei Aktionen an der Donnersberger Brücke einen Einsatz von Schlagstöcken sowie Reizstoffsprühgeräten gegeben. Das Münchner Polizeipräsidium begründete dies damit, dass eine Gruppe von 80 Personen versucht habe, die Absperrungen zu überwinden.

Bis zum Redaktionsschluss wurden 36 Personen in Präventivhaft genommen, besonders betroffen waren Aktivist*innen von Extinction Rebellion und Last Generation. Ihnen wird Nötigung und Hausfriedensbruch vorgeworfen. Die IAA fand zum zweiten Mal in München statt. Polizeiaussagen zufolge waren rund 4500 Einsatzkräfte im Einsatz. Mit Agenturen

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