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»The Creator« im Kino: Wer hat Angst vor der KI?

Der Film »The Creator« erzählt von einem Krieg der Menschen gegen Künstliche Intelligenzen

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 4 Min.
Joshua (John David Washington) schlägt sich mit dem Kind durch eine von einem Hightech-Krieg geprägte Landschaft auf der Suche nach seiner Frau.
Joshua (John David Washington) schlägt sich mit dem Kind durch eine von einem Hightech-Krieg geprägte Landschaft auf der Suche nach seiner Frau.

»Die Künstliche Intelligenz hat mehr Herz als ihr!«, schreit eine Bäuerin in New Asia Mitte des 21. Jahrhunderts einigen US-Soldaten zu, die gerade um sich schießend ihr Dorf heimsuchen – auf der Suche nach einer Superwaffe der feindlichen KI, die das ganze Waffenarsenal der USA zerstören könnte. In dem Film »The Creator« kommen die USA als brutale koloniale Militärmacht für eine Hollywood-Produktion überraschend schlecht weg. Der bombastisch inszenierte, bildgewaltige Science-Fiction-Film von Gareth Edwards (Regie) und Chris Weitz (Drehbuch), die in dieser Arbeitsteilung auch schon den Star-Wars-Ableger »Rogue One« (2016) gemacht haben, erzählt von einer zukünftigen Welt voller Roboter und Künstlicher Intelligenzen. Die wurden ursprünglich eingeführt, um Arbeiten zu verrichten und den Menschen zu helfen, aber irgendwann verselbstständigt sich die Technologie, und eine KI zündet eine Atombombe in Los Angeles. Die USA führen fortan Krieg gegen die Roboter und KI, aus Angst, von ihnen ausgelöscht zu werden. Nur leben diese künstlichen Lebensformen, die es in den USA nicht mehr gibt, woanders auf der Welt friedlich mit Menschen zusammen. So auch in New Asia, ein Land, mit dem die hoch technologisierten USA deshalb im Krieg liegen.

Eine Widerstandsgruppe aus Menschen, Robotern und KIs in New Asia wird von dem amerikanischen Agenten Joshua (John David Washington) infiltriert, wobei der sich in Maya (Gemma Chan) verliebt, eine seiner Gegnerinnen, die bei einem der zahllosen Gemetzel, die die US-Armee in diesem Film anrichtet, getötet wird. Oder hat sie doch überlebt?

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Jahre später soll Joshua eine neue KI-Superwaffe finden und hofft dabei, seine vielleicht doch noch lebende Frau wiederzutreffen. Die Superwaffe, so stellt sich bei einer Kommando-Aktion heraus, ist ein kleines Mädchen und die am weitesten entwickelte KI aller Zeiten, die den stets im Himmel über Asien schwebenden Superzerstörer der USA vernichten und so den für die KIs fast verlorenen Krieg doch noch gewinnen könnte. Joshua steht bald zwischen den Fronten und schlägt sich mit dem Kind durch eine von einem Hightech-Krieg und polizeilicher Überwachung geprägte Landschaft auf der Suche nach seiner Frau, um am Ende eine verblüffende Entdeckung zu machen.

Das Thema Künstliche Intelligenz ist seit Jahren immer wieder in gesellschaftspolitischen Debatten präsent. Zuletzt warnten einige hochrangige KI-Forscher vor den Gefahren dieser Technologie, die auch in »The Creator« an die Wand gemalt wird. Nur dient die Angst vor der KI in dem Film, so stellt sich heraus, vor allem der Rechtfertigung einer US-amerikanischen Herrschaftsideologie, um imperiale Kriege zu führen.

Die Sorge, die KIs würden die Menschen auslöschen, wird von den in New Asia mit den Menschen friedlich zusammenlebenden Robotern und KIs widerlegt. Der Atombomben-Anschlag in Los Angeles mit unzähligen Toten soll überdies auf menschliches Versagen zurückzuführen sein. Dem Feindbild Roboter und KI etwas entgegenzusetzen, inszeniert dieser Film aber zum Teil sehr hilflos. Die Roboter, die aussehen, als wären sie aus Neill Blomkamps Filmen »District 9« und »Elysium« ausgeliehen, werden als gefühlvolle Wesen gezeigt, die mit Menschen in Familien zusammenleben und eigene Begräbnisrituale haben. Das wirkt leider so platt und schmalztriefend, dass es wehtut. Dabei ist dieser insgesamt zu bellizistisch geratene Science-Fiction-Film optisch durchaus ausgefeilt und bietet eindrucksvolle Landschaftsbilder mit futuristischer Architektur, die ein wenig an »Star Wars« erinnern, und Szenen aus bombastischen Großstädten und Fabrikhallen, wie man sie auch aus »Blade Runner« kennt.

Dazu hängt als drohende militärische Waffe ein schwebendes überdimensionales Fluggerät am Himmel, das den ganzen Planeten scannt und in einem fort tödliche Raketen abfeuert. Beim großen Showdown marschieren die US-Streitkräfte mit Panzerfahrzeugen in der Größe von Kreuzfahrtschiffen in New Asia ein und massakrieren unzählige Menschen und Roboter. Die zum Teil verstörenden Gewaltbilder erinnern stark an den Vietnamkrieg.

Ganz am Ende wird der Film dann noch einmal so unangenehm rührselig, wie das nur Hollywood inszenieren kann, wo eine Produktion dieser Größenordnung anscheinend nicht ohne kitschige heteronormative Lovestory auskommt. Wobei das kollektive Glücksgefühl von Menschen und Maschinen, als die USA quasi den Krieg verlieren und das willkürliche Ermorden von Zivilpersonen einfach aufhört, noch nie so freudig in einem Hollywoodfilm zelebriert worden sein dürfte. Ein Stück weit kehrt dieser Actionblockbuster damit inhaltlich zu jenem Theaterstück »R.U.R.« (1920) von Karel Čapek zurück, in dem erstmals das Wort Roboter auftaucht und in dem die künstlichen Lebensformen als Allegorie auf die geknechteten Arbeiter sich gegen ihre Herren auflehnen.

Die Roboter und die KIs werden nun auch im Film immer mehr zu solidarischen Verbündeten, nachdem sie bisher in »Terminator« (1984), »Der Rasenmähermann« (1992), »Transcendence« (2014) oder »Ex Machina« (2015) immer die Bösewichter spielen mussten. Damit scheint langsam Schluss zu sein. In der SF-Literatur ist der Ansatz, KI und Roboter nicht automatisch zur großen Bedrohung für die Menschheit zu stilisieren, von William Gibson über Dietmar Dath bis Katie M. Flynn schon seit Jahren Standard.

»The Creator«,USA 2023. Regie: Gareth Edwards; Buch: Gareth Edwards, Chris Weitz. Mit: John David Washington, Gemma Chan, Madeleine Yuna Voyles. 133 Min. Jetzt im Kino.

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