Massenflucht aus Berg-Karabach

Behörden der Exklave lösen sich auf, Zehntausende Menschen suchen Schutz in Armenien

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 2 Min.
Geflüchtete Karabach-Armenier kommen in Goris an, der ersten Stadt der Republik Armenien.
Geflüchtete Karabach-Armenier kommen in Goris an, der ersten Stadt der Republik Armenien.

Die Regierung der international nicht anerkannten Republik Berg-Karabach hat nach der Niederlage gegen Aserbaidschan die Auflösung aller ihr unterstehenden Behörden bis zum 1. Januar 2024 beschlossen. Das berichteten armenische Medien unter Berufung auf ein von Regierungschef Samwel Schachramanjan unterzeichnetes Dokument. Die Auflösung war Teil der Kapitulationsbedingungen nach dem militärischen Sieg der aserbaidschanischen Armee über die Karabach-Armenier. Berg-Karabach gehört zu Aserbaidschan, dort leben aber vor allem Armenier. Offiziellen Angaben zufolge waren das zuletzt 120 000 Menschen.

Die Behörden in Baku haben am Mittwoch auch den Ex-Regierungschef von Berg-Karabach, Ruben Wardanjan, festgenommen. Aserbaidschanischen Medien zufolge wird dem einst auch in Russland aktiven Geschäftsmann in Aserbaidschan unter anderem Finanzierung von Terrorismus vorgeworfen.

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Die Karabach-Armenier befürchten Gewalt und Verfolgung durch die Sieger und fliehen in Massen. Bis Donnerstagmittag registrierten die Behörden in Jerewan 68 386 Zwangsumgesiedelte. Satellitenbilder zeigen lange Autostaus entlang des Latschin-Korridors, der einzigen Verbindung aus der Gebirgsregion nach Armenien. Das aserbaidschanische Militär, das den Korridor zuvor monatelang blockiert und so eine humanitäre Katastrophe in Berg-Karabach provoziert hatte, hat die Trasse für die Ausreise der Armenier geöffnet.

Der Exodus der Karabach-Armenier sei »ein Akt der ethnischen Säuberung, vor dem wir die internationale Gemeinschaft gewarnt haben«, sagte der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan am Donnerstag bei einer Kabinettssitzung. Er forderte politische Schritte durch die Weltgemeinschaft. In wenigen Tagen werde es in Berg-Karabach keine Armenier mehr geben, so Paschinjan.

Die russische Regierung sehe keinen »direkten Grund« für die Flucht, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Deswegen lasse sich kaum sagen, wer schuld sei. Mit Agenturen

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