Der Nachbar nimmt für seine Hilfe kein Geld

Tagung der brandenburgischen Fachstelle »Altern und Pflege im Quartier«

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Einsamkeit und Hilflosigkeit im Alter könnten in Zukunft ein noch größeres Problem werden, als dies heute ohnehin schon der Fall ist. Das kam zumindest ansatzweise zur Sprache, als Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Donnerstag lokale Projekte der guten Nachbarschaft auszeichnete. Hilfestellung auf dieser Ebene sei unersetzlich, denn »keiner will freiwillig ins Heim«.

Über 3000 Euro Preisgeld kann sich die Initiative »Wissen teilen – Nachbarschaft stärken« in der Stadt Brandenburg/Havel freuen. Die Ministerin übergab den Scheck den Vertretern des Projektes, das Erfolg hatte mit dem Ziel »Zeitungsabonnements in Lesegemeinschaften« zu teilen. Das spart Geld und hilft daneben, nachbarschaftliche Kontakte zu intensivieren, wie Nonnemacher sagte. In Fällen von Krankheit und Hilfsbedürftigkeit einzelner Beteiligter kann die Lesegemeinschaft darüber hinaus Unterstützung organisieren.

Fünf Hausgemeinschaften konnten bereits für dieses Vorhaben gewonnen werden. Allerdings ziehen sich im Land Brandenburg Tageszeitungen zunehmend aus der Fläche zurück. Schon gibt es Gebiete, in denen künftig gar keine auf Papier gedruckte Zeitung mehr ausgeliefert wird. Damit wäre dann auch solchen Lesegemeinschaften der Boden entzogen.

Die achte Tagung der Brandenburger »Fachstelle Altern und Pflege im Quartier« (FAPIG) im Potsdamer Tagungszentrum Hermannswerder hatte sich dem Aspekt »Gut älter werden im vertrauten Wohnumfeld« gewidmet und hierbei der Rolle der Nachbarschaftshilfe bei der Betreuung älterer Menschen. Zwölf »niedrigschwellige« lokale Angebote wurden ausgezeichnet, darunter der »rollende Supermarkt« aus dem Landkreis Spree-Neiße, der rund 40 Dörfer rund um Cottbus mit Einkaufsmöglichkeiten, einer Leihbibliothek, einem Geldautomaten und einer nicht minder mobilen Postannahme ansteuert.

Ein Preisgeld nahmen auch die Initiatoren des Senioren-Fahrdienstes der Gemeinde Steinhöfel (Oder-Spree) entgegen. Der Fahrdienst bringt die älteren Einwohner zu Veranstaltungen und ermöglicht den Austausch zwischen den umliegenden Dörfern. Im Zossener Ortsteil Schöneiche wurde das Gemeindehaus seniorenfreundlich umgebaut und lädt auch mit einem neu gestalteten Garten zum Verweilen ein.

Im Landkreis Oberspreewald-Lausitz wurden zielgenau schattige Sitzplätze geschaffen, auf denen ältere Menschen Rast machen können. Ministerin Nonnemacher lobte dies als zeitgemäß. Ihr zufolge war der diesjährige September drei Grad Celsius wärmer als im durchschnittlichen Mittel der vergangenen Jahrzehnte.

Mit insgesamt 46 000 Euro unterstützt das Ministerium die Projekte, die dazu beitragen, dass »Menschen in ihrer gewohnten Umgebung alt werden können«. Die Ministerin ermunterte zu Ideen, mit denen es gelingen kann, älteren Menschen so lange wie möglich das Leben im vertrauten Umfeld zu gestatten. »Wer aktiv bleibt, körperlich und geistig, der senkt auch das Risiko für Erkrankungen und Pflegebedürftigkeit.« Die Organisation der Versorgung diene dem genauso wie das Schaffen von Begegnungsräumen. Die Nachbarschaft spiele dabei eine große Rolle, sie sei eine »soziale Tatsache«, die sich vor allem während der Corona-Pandemie bewährt habe. Nonnemacher zufolge ist die Nachbarschaftshilfe Ausdruck eines menschlichen Miteinanders, bei dem »meistens auf Geldzahlungen verzichtet« werde.

Die professionelle Pflege stoße an Grenzen, räumte die Ministerin ein. Derzeit gehen 41 800 Menschen in Brandenburg einem Pflegeberuf nach. Weil der Anteil älterer Einwohner im Bundesland immer mehr zunimmt, werden es in wenigen Jahren 48 000 sein müssen. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Schulabgänger aber um sechs Prozent.

Es müsse darum gehen, den Eintritt in die Pflegebedürftigkeit so lange wie möglich zu verzögern, unterstrich Nonnemacher. Zum Beispiel für einen Treppenlift gebe es einen Zuschuss vom Staat. Es seien oft »kleine, aber elementare Dinge«, die über die Frage der Pflegebedürftigkeit entscheiden.

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