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  • Teure Gefängnisbaustelle

Bauen statt sitzen im Zwickauer Knast

Fertigstellung verzögert sich nach Kündigung des Generalplaners und Kostenverdopplung

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

In einigen Monaten kann zehnjähriges Jubiläum gefeiert werden: Im Juni 2014 stimmten die Landtage von Sachsen und Thüringen einen Staatsvertrag über den Bau einer gemeinsamen Justizvollzugsanstalt (JVA) in Zwickau zu. Als kurz danach die Justizminister noch Vereinbarungen über Finanzierung und Betrieb des bundesweit ersten länderübergreifenden Gefängnisses signierten, wurde der Nutzen der Kooperation herausgekehrt. Von »erheblichen Vorteilen beim Bau und erst recht bei der Bewirtschaftung« sprach der damalige sächsische Ressortchef Jürgen Martens (FDP). Thüringen etwa, hieß es damals, sollte 3,9 Millionen Euro Baukosten für die Anstalt sparen, deren Fertigstellung für 2017 avisiert wurde.

Das Datum ist lange verstrichen, aber das Gefängnis im Zwickauer Stadtteil Marienthal, das auf dem Areal eines früheren Bahnausbesserungswerks errichtet wird, ist immer noch nicht fertig, und eine Eröffnung ist nicht absehbar. Immer wieder wurde sie verschoben; zuletzt war ein Bezug im ersten Quartal 2025 ins Auge gefasst. Doch auch das ist hinfällig. Anfang Oktober berichtete Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) auf Anfrage von Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt von Problemen mit dem Generalplaner, den man wegen »erheblicher Mängel bei der Leistungserbringung abgemahnt« habe. Schon damals hieß es, der Zeitpunkt einer Inbetriebnahme sei »neu einzuschätzen«.

Mittlerweile hat der Freistaat dem Planer gekündigt und will einen neuen suchen. Ein Datum für die Einweihung der JVA »steht in den Sternen«, sagt Gebhardt. Gleiches gilt für die finale Höhe der Baukosten. Die für Thüringen einst in Aussicht gestellte Ersparnis wirkt mittlerweile lächerlich. Sie basiert auf einer Kostenprognose von 149,5 Millionen Euro, die aber schon 22 Millionen Euro über der Annahme zum Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses von 2013 lag. Als 2017 der Vertrag mit dem Generalplaner unterschrieben wurde, war bereits von 171,5 Millionen Euro die Rede. Vor drei Wochen teilte Vorjohann mit, die »genehmigten Gesamtbaukosten« betrügen 303 Millionen Euro. Das Zerwürfnis mit dem Planer werde weitere Steigerungen bewirken, sagte er nun der »Freien Presse«, ohne sich auf eine konkrete Zahl festzulegen.

Die Anstalt mit Platz für 820 männliche Häftlinge soll neue Standards setzen, mit Grünanlagen zwischen den sechs Zellengebäuden und Bäumen innerhalb der Mauern. Von der »modernsten Haftanstalt Deutschlands« sprach Dirk Adams, damals grüner Justizminister in Thüringen, als er 2021 mit seiner sächsischen Amts- und Parteikollegin Katja Meier die Baustelle besuchte. Bis dahin bleibt es ein langer Weg. Mittlerweile seien »die Gebäudehüllen geschlossen« und die Dächer dicht, teilte Vorjohann jetzt mit. Der Innenausbau in den Bereichen Sanitär, Lüftung oder Heizung aber sei erst »zur Hälfte erbracht«, räumte er ein.

Woran die Probleme liegen, ist zwischen Land und Generalplaner umstritten. Bei diesem handelt es sich um das Münchner Büro Plan 2, das beispielsweise schon moderne Gefängnisse in Frankfurt (Main), Saarbrücken, Dresden oder Bremervörde gebaut hat und über letzteres sagt, man habe »trotz äußerst knappem Kostenbudget« eine überzeugende Anlage geschaffen. Im Fall Zwickau seien die Kosten indes von Vornherein viel zu niedrig angesetzt worden, heißt es in einer Erklärung von Geschäftsführer Axel Krüger, aus der die »Freie Presse« zitiert. Ein Fehler sei auch gewesen, dass zunächst Einzellose für Bauaufträge vergeben wurden, weil sich kein Generalunternehmer fand. Auch die Entscheidung für die Fläche, die aufwändig von Altlasten beräumt werden musste, kritisiert er. Gegen den Standort hatte sich auch eine Bürgerinitiative gewehrt, die Ende 2013 über 10 000 Unterschriften sammelte und einen Bürgerentscheid durchsetzen wollte, damit aber vor Gericht scheiterte. Sie hatte das Areal eines früheren Plattenwerks in einem anderen Stadtteil bevorzugt.

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