Wann verjähren Ansprüche auf den Pflichtteil?

Um Pflichtteile gibt es immer wieder Rechtsstreit

  • Lesedauer: 2 Min.
Erbrecht: Wann verjähren Ansprüche auf den Pflichtteil?

Um Pflichtteile gibt es immer wieder Rechtsstreit. Die Frist zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen beginnt mit der Kenntnis von der beeinträchtigenden Verfügung zu laufen. Doch ist der Pflichtteilsanspruch verjährt, wenn der Pflichtteilsberechtigte aufgrund eines Irrtums davon ausgeht, dass eine ihm bekannte Verfügung unwirksam ist? Darüber entschied das Oberlandesgericht Hamm (Az. 10 U 108/23) mit Urteil vom 2. März 2023, wie die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.

Im entschiedenen Fall setzte ein Mann seinen Sohn zu seinem Alleinerben ein. Später widerrief er das Testament und setzte seine zweite Ehefrau zu seiner Erbin ein. Der Sohn meinte allerdings, er sei Alleinerbe. Das spätere Testament zugunsten der Ehefrau hielt er für unwirksam, da sein Vater bei der Errichtung des Testaments dement und damit testierunfähig gewesen sei, behauptete der Sohn. Er stellte daraufhin einen entsprechenden Erbscheinsantrag. Erst in zweiter Instanz wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt, das allerdings die vom Sohn behauptete Testierunfähigkeit nicht bestätigte. Daraufhin machte der Sohn Pflichtteilsansprüche gegen die zweite Ehefrau als Erbin geltend. Die Frau berief sich auf Verjährung, da nunmehr vier Jahre vergangen seien, seit der Sohn Kenntnis vom Testament erhalten habe.

Dem widersprach das Gericht. Pflichtteilsansprüche verjährten zwar innerhalb von drei Jahren. Doch die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt. Dies setzt vor allem auch Kenntnis von der enterbenden letztwilligen Verfügung voraus.

Der Pflichtteilsberechtigte muss also den wesentlichen Inhalt der beeinträchtigenden Verfügung erkannt haben. Diese Kenntnis kann jedoch fehlen, wenn der Berechtigte infolge eines Irrtums davon ausgeht, die ihm bekannte Verfügung sei unwirksam. Das gilt jedenfalls dann, wenn die vorgetragenen Wirksamkeitsbedenken nicht von vornherein von der Hand zu weisen sind.

Dass im besagten Fall berechtigte Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers bestanden, zeigte die Tatsache, dass das Oberlandesgericht ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben hat. Erst wenn diese Zweifel ausgeräumt werden, ist davon auszugehen, dass der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis von der ihn beeinträchtigenden Verfügung hatte und die Verjährungsfrist in Bezug auf Pflichtteilsansprüche zu laufen beginnt. Das war aber hier erst kurz vor der Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche der Fall, sodass diese nicht verjährt waren. Dass der Sohn Pflichtteilsansprüche geltend machen kann, ist rechtens.  DAV/nd

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