Erdoğan zu Besuch in der Hauptstadt

Großes Polizeiaufgebot und Proteste aus der kurdischen Community erwartet

  • dpa/nd
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Berliner Polizei rechnet beim Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan am Freitag mit einem Großeinsatz. Es werde dabei »erhebliche Einschränkungen beim Verkehr in der Stadt« geben, sagte eine Sprecherin. Die genauen Strecken, die Erdoğans Konvoi vom Berliner Flughafen ins Regierungsviertel und zurück nimmt, verrät die Polizei aus Sicherheitsgründen nicht.

»Die Polizei Berlin ist in der Bewältigung komplexer Einsatzlagen, darunter auch Besuche von Staatsoberhäuptern, erfahren«, hieß es. Man bereite sich bei den Sicherheitsvorkehrungen konzentriert auf die anstehende Lage vor. Erdoğan trifft am frühen Freitagnachmittag Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und danach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Erwartet wird, dass die Polizei für Freitag eine Anordnung für das Regierungsviertel erlässt, nach der das Abstellen von Autos und Fahrrädern verboten ist. Ob wie beim Staatsbesuch 2018 auch Scharfschützen auf Dächern postiert werden, Spürhunde nach Sprengstoff suchen, Polizeiboote auf der Spree auf und ab fahren und der Luftraum gesperrt wird, war zunächst noch nicht bekannt. Beim vergangenen Besuch im Jahr 2018 waren mehr als 4000 Polizisten im Einsatz, im Regierungsviertel galt die sehr hohe Sicherheitsstufe 1.

Auch in diesem Jahr geht der Einsatz der Polizei auch am Samstag weiter. Am Abend spielt Deutschland bei einem Fußball-Freundschaftsspiel im Olympiastadion gegen die Türkei. Tausende Kurden wollen am Mittag zudem für die verbotene Arbeiterpartei PKK und gegen die Politik Erdoğans demonstrieren. In einer Mitteilung kritisieren die Veranstalter Erdoğans jüngste Aussagen zur radikal-islamischen Terrororganisation Hamas, die er unter anderem als »Befreier« bezeichnete.

»Diese Aussagen sind nicht nur deswegen fatal, weil sie radikalen Islamisten den Rücken stärken«, heißt es in einer Mitteilung, »sondern auch vor dem Hintergrund der Einflussnahme des türkischen Präsidenten in Deutschland auf die türkisch-islamische Community brandgefährlich«. Erdoğan sorge für eine »aufhetzerische Stimmung« und nutze das Flüchtlingsabkommen zwischen EU und Türkei, um zu einer Aufrechterhaltung des deutschen PKK-Verbots zu drängen.

Kritik am Besuch kommt auch aus der Berliner Landeslinken. »Während Palästinenser*innen hierzulande permanent aufgefordert werden, sich von der Hamas zu distanzieren, wird bei Erdoğan, der diese offen unterstützt, gerne ein Auge zugedrückt«, teilte ihr Abgeordneter Ferat Koçak mit. Zu groß sei die Angst, ihn als »Europas Türsteher gegen Geflüchtete« zu verlieren. »Ein Staatsbesuch von Erdoğan ist ein fatales Zeichen für das friedliche Zusammenleben in Deutschland«, so Koçak. dpa/nd

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