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Niederländische Parlamentswahlen: Vier Parteien Kopf an Kopf
Bei den Parlamentswahlen in den Niederlanden könnte das Land noch weiter nach rechts rutschen
Am Mittwoch wird in den Niederlanden ein neues Parlament gewählt. Grund für die vorgezogenen Wahlen ist der Fall von Premierminister Rutte im vergangenen Juli. Die Koalition der liberal-konservativen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) von Rutte sowie der linksliberalen Democraten 66 (D66), der christdemokratischen CDA und der ebenfalls christdemokratischen ChristenUnie (CU) zerbrach über der Frage des Familiennachzugs von Geflüchteten.
In Folge des Zerfalls hatten mehrere Politiker*innen ihren Rücktritt bekannt gegeben, darunter Rutte selbst, der mit 13 Jahren die längste Amtszeit als niederländischer Premier der Geschichte hinter sich hat. Auch die Finanzministerin und D66-Parteivorsitzende Sigrid Kaag verlässt die Politik. Grund für Kaags Rückzug waren wiederholte Drohungen, frauenfeindliche Anfeindungen und Hass-Kampagnen gegen ihre Person. Auch Liane Den Haan, unabhängige Abgeordnete und ehemalige Spitzenkandidatin der Senior*innenpartei 50PLUS, gab unter Angaben von Frauenhass und Bedrohungen als Grund ihren Rückzug bekannt.
Die Rücktrittswelle ruft neue Akteur*innen auf den Plan. Nachfolgerin von Mark Rutte soll die aktuelle Justizministerin Dilan Yeşilgöz werden. Damit steht erstmals in der Geschichte der rechtsliberalen VVD eine Frau an der Spitze.
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Erstmals tritt die Partei »Neuer Gesellschaftsvertrag« (NSC)) von Pieter Omtzigt an. Omtzigt, ein frührer CDA-Politiker, hatte sie erst im Sommer 2023 gegründet. Bis vor wenigen Tagen war noch nicht klar, ob Omtzigt überhaupt als Ministerpräsident kandidieren würde. Die grünlinke Partei GroenLinks und die Arbeiter*innenpartei PvdA treten diesmal gemeinsam an, unter der Führung von Frans Timmermans, der im August als EU-Klimakommissar zurücktrat, um Spitzenkandidat zu werden. Zwei verschiedenen Wahlprognosen der vergangenen Woche zufolge haben aktuell vier Parteien Aussicht darauf, stärkste Kraft zu werden: VVD, GroenLinks-PvdA sowie Omtzigts Bündnis und die rechtsextreme Partei PVV von Geert Wilders. Auffällig ist, dass sich die Werte der PVV in den beiden Umfragen stark unterscheiden. Bemerkenswert ist auch der Rückgang der linksliberalen D66: von 24 Sitzen im Jahr 2021 auf voraussichtlich sieben bis acht Sitze bei dieser Wahl.
Aus dem Blickfeld geraten in diesem Wahlkampf scheint die Partei Bauer-Bürger-Bewegung (BBB) unter der Führung von Caroline van der Plas, die noch im März bei den Provinzialwahlen einen erdrutschartigen Sieg einfuhr. Aktuell liegt sie in den Umfragen bei sieben bis elf Sitzen. In den urbanen Zentren dominieren andere Parteien. Schätzungen zufolge kann GroenLinks-PvdA in der Hauptstadt Amsterdam mit 31 Prozent der Stimmen rechnen, gefolgt von der VVD mit zwölf Prozent sowie D66 und NSC mit jeweils neun Prozent.
Noch im August hatte VVD-Spitzenkandidatin Yeşilgöz in den niederländischen Medien eine Zusammenarbeit mit Wilders nicht kategorisch ausgeschlossen. Sie wolle erst sehen, mit welchem Programm er auftrete. Auch Wilders, dessen Partei zuletzt im Kabinett Rutte I von 2010 bis 2012 vertreten war, äußert sich offen gegenüber dieser Möglichkeit. Der niederländische öffentlich-rechtliche Rundfunk BNNVARA unterstellte Yeşilgöz deshalb den Versuch, Wähler*innen am rechten Rand abzugreifen.
Nach Recherchen der Tageszeitung »Het Parool« gibt es Änderungen im Parteiprogramm der PVV. Einige der kontroversesten Passagen seien gestrichen worden. »Der Islam ist keine Religion, sondern eine totalitäre Ideologie«, hieß es bei vergangenen Wahlen etwa im Parteiprogramm. Von einem »Ministerium für Einwanderung, Remigration und De-Islamisierung« ist ebenfalls nicht mehr die Rede.
Doch in der vergangenen Woche, nach der Fernsehdebatte »Het debat van Nederland«, wurden Zweifel an dem »milderen« Wilders laut, auch vonseiten Yeşilgöz’. Bereits im September schrieb auch die Tageszeitung »De Volkskrant«: »Inhaltlich hat sich bei Wilders wenig verändert, nur der Ton ist etwas freundlicher geworden«. »Het Parool« sieht dies ähnlich: »Wilders will nach wie vor keine muslimischen Schulen, Korane und Moscheen in den Niederlanden und ein Verbot des Kopftuchs in Regierungsgebäuden.«
Pieter Omtzigt vertritt den Standpunkt, dass eine Regierungsbildung mit der PVV völlig außer Frage steht. Interessant ist, dass die PVV einen kompletten Asylstopp fordert, Omtzigt sich aber auch für eine Obergrenze ausspricht: 50 000 Migrant*innen jährlich. Timmermans seinerseits wirft Yeşilgöz vor, durch ihre fehlende Distanzierung die PVV wieder »salonfähig« gemacht zu haben.
Angesichts der Vielzahl von politischen Parteien – aktuell 26 – scheint der Großteil der niederländischen Wähler*innen auch wenige Tage vor den Wahlen noch unschlüssig. Das zeigt auch der Anstieg der Beliebtheit von Online-Wahl-O-Maten. Nach Angaben von Experten der Universität Leiden treffen viele ihre Entscheidung eher kurzfristig. Demnach geht der Wahlkampf nun in die allerletzte heiße Phase.
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