Podcast über Habersaathstraße Berlin: Geschichte des Widerstandes

Podcast zum Häuserkampf um die Berliner Habersaathstraße geht an den Start

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 4 Min.

»Dieses Haus wurde in einem anderen Land gebaut, der DDR«, sagt Swantje Reuter. Sie gehört zum Team des Audiokombinats, das unter dem Titel »Häuserkampf – eine Platte will bleiben« einen achtteiligen Podcast über die Habersaathstraße 46–48 erstellt hat.

Nicht weit vom Hauptbahnhof leben noch Menschen mit geringem Einkommen. Das ist aktiven Mieter*innen wie Daniel Dieckmann und Frau Jansen zu verdanken, die in der Interessengemeinschaft Habersaathstraße aktiv sind. Beide kommen in der ersten Folge des Podcasts zu Wort. Neben den Mieterinnen ist auch Valentina Hauser zu hören. Sie engagiert sich in der Initiative »Leerstand hab ich saath«. Im kalten Coronawinter 2020 organisierte sie eine Gruppe obdachloser Menschen, die den Leerstand des Hauses in der Habersaathstraße beenden wollten. Sie ließ sich auch von der schnellen Räumung des ersten Besetzungsversuches im Oktober 2020 nicht abschrecken.

In der zweiten Podcast-Folge erfahren wir, wie die Wohnungslosen mit besserer Vorbereitung einen zweiten Besetzungsversuch am 18. Dezember 2021 wagten. Ihre Botschaft lautete: »Da steht ein Haus leer und gleichzeitig leben Menschen auf der Straße«. Damit fanden sie Zuspruch, als wegen Corona alle Menschen aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben. Was sollten Menschen machen, die kein Zuhause hatten?

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Im Podcast erzählen Aktivist*innen von der Initiative »Leerstand hab ich saath«, wie sie am Tag der Besetzung mit einem Bus verschiedene Orte in Berlin angefahren hatten, an denen Obdachlose schon auf den Transfer zur Habersaathstraße warteten. Nach stundenlangen Verhandlungen konnte durchgesetzt werden, dass 60 Menschen in die leeren Wohnungen einziehen. Auch die Differenzen unter den Neumieter*innen werden im Podcast nicht verschwiegen. Doch der Schwerpunkt liegt auf der Selbstermächtigung der Menschen, die seit Jahren das erste Mal wieder in den eigenen vier Wänden leben können. Die obdachlosen Menschen werden als Individuen mit ihren eigenen Wünschen und Interessen vorgestellt. Wie Habibi, die als Krankenschwester in einem kleinen westdeutschen Dorf lebte, bis sie dann nach Berlin zog und auf der Straße landete.

Im Podcast kommen auch Anwält*innen und Kommunalpolitiker*innen zu Wort, darunter Ramona Reiser (Linke), die für mehrere Jahre Stadträtin von Mitte war. Sie spielte eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes, das den Abriss von Wohnraum erschweren soll. Reiser kämpft gegen den Abriss der Habersaathstraße auch vor Gericht.

Im Podcast erläutert sie, dass es ihr nicht nur um die Platte in Mitte geht. »Wir müssten die Hälfe von Berlin abreißen, weil sie denselben Standard haben«, befürchtet Reiser die Folgen einer juristischen Niederlage. Sie bezieht sich dabei auf das Argument der Eigentümer, die Gebäude abreißen zu wollen, weil die Einfahrten den heutigen Brandschutzerfordernissen nicht mehr entsprechen würden. Das aber trifft auf viele Häuser in Berlin zu, die vor Jahrzehnten gebaut wurden.

In den weiteren Folgen erfahren wir, dass viele Bewohner*innen früh von der Bezirkspolitik enttäuscht sind. So würde der Bezirk einen Deal mit dem Eigentümer, der Arcadia Estates, anstreben, um lange und teure Prozesse zu vermeiden.

Doch Mieter*innen und Unterstützer*innen machen weiter Druck. Ihrem langen Atem ist es zu verdanken, dass die Gebäude noch immer bewohnt sind. Die Eigentümerfirma hat in der letzten Zeit mehrere Prozesse verloren. Das Gericht hat im Sinne der Bewohner*innen erklärt, dass ihr Profitinteresse nicht schwerer wiegt als die Rechte der Mieter*innen. So erzählt der Podcast auch die Geschichte eines erfolgreichen Widerstands, der andauert.

Podcast: Häuserkampf – eine Platte will bleiben, ab 23.11. abrufbar unter www.haeuserkampf.de
Premiere der ersten beiden Folgen: 23.11., 18 Uhr, Schillerbibliothek, Müllerstraße 149, Berlin-Wedding, anschließend Podiumsdiskussion.

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