Zweites Zuhause der Kinder

Stadt Müncheberg: Schließung von Jugendclub »2nd Home« nie geplant

Die Sozialarbeiter Sven Zepke und Meral Kurt
Die Sozialarbeiter Sven Zepke und Meral Kurt

Lauter schlechte Nachrichten für den Müncheberger Jugendclub »2nd Home«. Erst zerstörte ein Feuer im März 2021 sein frisch bezogenes Domizil an der Karl-Marx-Straße. Vermutlich waren Brandstifter dafür verantwortlich. Dann ergab eine Laboruntersuchung von Luft- und Bodenproben, dass die provisorisch auf dem Gelände eines alten Gaswerks am Münchehofer Weg aufgestellten Container kein Ort sind, an dem sich Kinder und Jugendliche ohne Gefahr für ihre Gesundheit aufhalten sollten. »2nd Home« bedeutet zweites Zuhause. Den Namen hatten die Kinder selbst ausgesucht. Es schwingt dabei ihre Zuneigung zu den Sozialarbeitern Meral Kurt und Sven Zepke mit. Die Kinder haben die beiden damit quasi ehrenhalber in den Rang von Eltern erhoben.

Zweites Zuhause für Heranwachsende
Zweites Zuhause für Heranwachsende

Die als Übergangslösung von der Stadt angebotenen Räumlichkeiten sollte sich der Jugendclub nun angeblich zeitversetzt mit der AfD teilen, bevor – um im Bild zu bleiben – ein viertes Zuhause für ihn gefunden ist. Damit nicht genug, schlug ein Unterstützungskreis »Jugendclub muss bleiben« Alarm: Die Jugendarbeit in Müncheberg stehe vor dem Aus: »Wie Mitte November überraschend bekannt wurde, will die Stadt zum Ende des Jahres die Jugendarbeit sang- und klanglos einstampfen. Das ist ein Skandal, denn gerade in Müncheberg ist das Engagement für Kinder und Jugendliche unverzichtbar. Sonstige offene Angebote gibt es so gut wie keine, wenige ehrenamtliche Initiativen setzen sich für eine lebenswerte Stadt mit einer lebendigen Stadtgemeinschaft ein.«

Der Kinder- und Jugendring Märkisch-Oderland warnt in einer Stellungnahme: Sollten die bei der Stiftung SPI angestellten Sozialarbeiter Meral Kurt und Sven Zepke durch einen direkt von der Stadt beschäftigten Jugendkoordinator ersetzt werden, so »werden die bereits vorhandenen zarten Pflänzchen der Kinder- und Jugendbeteiligung zerstört«.

Ehrlich? Bürgermeisterin Uta Barkusky (Linke) stellt am Dienstag auf nd-Anfrage klar, der Jugendklub werde nicht geschlossen: »Das wird auf keinen Fall geschehen.« Die Kinder müssten sich auch nicht Räume mit der AfD teilen. Die als Übergangslösung ins Auge gefassten Räume seien bisher von allen Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung genutzt worden, erläutert Barkusky. Die treffen sich dann aber anderswo. Die Kinder hätten den Platz für sich. »Leer stehende kommunale Liegenschaften gibt es nicht«, bedauert Barkusky. »Wir haben Anfragen an private Eigentümer gestellt, aber bisher noch keine vollständigen Rückmeldungen erhalten. Doch wir bleiben dran.«

Die Fraktionsräumlichkeiten seien eine gute Übergangslösung, weil da ein kleines Büro für die Sozialarbeiter dabei sei und weil sie über Toiletten und Waschbecken verfügen und geheizt sind. So könnten sie auch im Winter genutzt werden. Bei den Containern samt Dixi-Klo auf dem alten Gaswerksgelände sei das nicht möglich gewesen.

Die Kommune arbeite seit 2015 mit dem Träger SPI zusammen, der in Müncheberg für Schulsozialarbeit und offene Jugendarbeit verantwortlich sei. Die Verträge werden alle zwei Jahre neu geschlossen. Die aktuelle Vereinbarung laufe bis 31. Dezember. Bei den Verhandlungen über die Fortsetzung sei herausgekommen, dass der Träger sich künftig nur weiter um die Schulsozialarbeit kümmere. »In den Gesprächen zur offenen Jugendarbeit gab es leider keine Übereinstimmung.«

Bisher seien am Münchehofer Weg, dem Container-Standort, 10 bis 15 Kinder an drei Nachmittagen und im Ortsteil Jahnsfelde einmal im Monat betreut worden. »Für die Kinder wurden Angebote geschaffen, die sehr gut waren«, lobt die Bürgermeisterin. »Wir haben aber 1100 Kinder und Jugendliche in Müncheberg.« Die Stadt habe acht Ortsteile und in vier Ortsteilen Jugendclubs. Ziel sei es daher, einen Sozialpädagogen und jemanden mit ähnlicher Qualifikation als Jugendkoordinator in Vollzeit zu beschäftigen. Der solle unter anderem beraten und anleiten bei der Selbstverwaltung von Jugendklubs, bei der Haushaltsplanung mitwirken, mit Schulen und Kitas zusammenarbeiten sowie Kontakte zu Vereinen und Verbänden pflegen.

Am Dienstagnachmittag sollte es ein Treffen mit dem Kinder- und Jugendring geben. »Ich bin jederzeit gesprächsbereit, lasse aber von den Zielen nicht ab«, erklärt Barkusky dem »nd« fast unmittelbar zuvor. »Mein Angebot wird sein, zusätzliche Arbeitsstunden zu bezahlen«, kündigt sie an. Es gehe darum, so viele Kinder und Jugendliche zu erreichen wie möglich.

Für den Abend war dann noch eine öffentliche Veranstaltung mit dem Träger SPI geplant. »Durch unseren Druck gibt es die Verhandlungen«, freut sich einstweilen Friederike Fuchs vom Unterstützungskreis »Jugendclub muss bleiben«.

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