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Krankenhäuser in Brandenburg: Der lange Weg zurück in den TVöD
Mit einem neuen Tarifvertrag für die Beschäftigten der Elbe-Elster-Klinikum GmbH will Verdi weiter an den TVöD heranrücken
»Dass Personal noch nicht nennenswert abgewandert ist, hängt damit zusammen, dass die meisten Beschäftigten in der Region wohnen und die Nahverkehrssituation nicht unbedingt zum Pendeln einlädt«, sagt Ralf Franke. Der Verdi-Gewerkschaftssekretär blickt auf die anstehenden Tarifverhandlungen für die nichtärztlichen Belegschaften der Krankenhäuser in Finsterwalde, Elsterwerda und Herzberg. Im Vergleich mit kommunalen Krankenhäusern, für die der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen (TVöD) gilt, sind die Gehälter in den drei Kliniken niedriger. 88 Prozent des TVöD-Lohns erhalten die Beschäftigten.
»Für mich kommt ein Arbeitgeberwechsel nicht infrage«, sagt Klaus-Dieter Schadock. Er arbeitet seit 1997 als Krankenpfleger auf der psychiatrischen Station in Finsterwalde. Von seinem Zuhause sind es 750 Meter zur Arbeit. Zu anderen Psychiatrie-Standorten würde Schadock, der auch Mitglied im Betriebsrat ist, 45 Minuten und mehr brauchen.
»Ich liebe meine Psychiatrie«, sagt Schadock. Aber aufgrund der Personalsituation müssten sich die Arbeitsbedingungen verbessern. Es gebe Kolleg*innen, die nur den Pflegemindestlohn bekämen. Auf Schadocks Station seien sie mal 52 Kolleg*innen gewesen. Heutzutage würden davon viele fehlen, weitere 30 Prozent bald in Rente gehen. Aufgrund des Personalmangels könnten nicht alle Betten betrieben werden. Dabei sehe das Brandenburger Gesundheitsministerium eigentlich noch einen größeren Bedarf für den Elbe-Elster-Kreis, sagt Schadock.
Auf Beschluss des Kreistages des Landkreises Elbe-Elster fusionierten 2003 die drei Kreiskrankenhäuser zur Elbe-Elster-Klinikum GmbH. Träger ist seitdem der Landkreis. »Nach der Fusion ist die GmbH zwar im Arbeitgeberverband geblieben, war aber nicht mehr tarifgebunden«, blickt Betriebsratsmitglied Schadock zurück. Bis dahin habe der Bundes-Angestelltentarifvertrag, der Vorgänger des TVöD, auch für ihn gegolten. 2008 konnte Verdi dann einen Haustarifvertrag mit der kreiseigenen GmbH abschließen. Seitdem sei man versucht, sich dem TVöD wieder anzunähern, sagt Schadock.
»Als Verdi vertreten wir die grundlegende Auffassung, dass der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, der ja schon auch nur ein Kompromiss ist, an allen Krankenhäusern gelten muss.«
Ralf Franke (Verdi)
Gewerkschaftssekretär Franke zufolge würde das auch gelingen. Nach den letzten Tarifverhandlungen habe das Lohnniveau 91 Prozent des TVöD betragen, nach der diesjährigen Neufassung des TVöD liege man nun bei 88 Prozent. Jetzt fordert Verdi acht Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 350 Euro. Dann läge man bei 96 bis 97 Prozent.
»Als Verdi vertreten wir die grundlegende Auffassung, dass der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, der ja schon auch nur ein Kompromiss ist, an allen Krankenhäusern gelten muss«, sagt Franke. Das hätte eine Forderung von 13 Prozent mehr Entgelt bedeutet. Mit der jetzt aufgestellten Tarifforderung »erkennen wir an, dass sich die GmbH, die drei Grundversorger-Krankenhäuser betreibt, aufgrund des durch die Krankenhausreform bedingten Strukturumbaus in wirtschaftlich schwierigem Fahrwasser befindet«, sagt Verdi-Sekretär Franke. Das hänge vor allem damit zusammen, dass die Vergütung, die die Krankenhäuser über die Fallpauschalen erhielten, für schwere Fälle höher ausfalle. »Die Grundversorger haben daher in erster Linie mit schlecht vergüteten Fällen zu tun«, sagt Franke.
Zusätzlich zum Gehalt fordert Verdi für die 680 nichtärztlichen Beschäftigten und die 50 Auszubildenden, die 150 Euro mehr im Monat bekommen sollen, eine Absenkung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 38,5 Stunden und Verbesserungen beim Urlaub und bei den Zuschlägen. Die Gewerkschaft verweist darauf, dass die Krankenkassen ihre Leistungen für die Krankenhäuser um sechs Prozent erhöht haben. Die drei Häuser der Elbe-Elster-Klinikum GmbH würden von den Kassen genauso vergütet wie die in Potsdam und Brandenburg an der Havel oder Berlin, an denen der TVöD gilt, so Verdi.
Bisher hätten harte Verhandlungen immer zu vertretbaren Ergebnissen geführt, sagt Franke. Man sei immer ohne Streik zu einer Einigung gekommen. Gewerkschaftsmitglied und Betriebsrat Schadock blickt jedoch auch kritisch auf Verdi. Es fehle in der Region ein weiterer Gewerkschaftssekretär. Den würde man aber erst bei 3000 weiteren Mitgliedern im Raum Südbrandenburg bekommen. »Das verstehe ich nicht, denn gerade um Mitglieder zu gewinnen, ist eine enge Betreuung durch eine Gewerkschaft wichtig, die für Mitglieder und Interessierte erreichbar ist.« Schadock hält das gerade im Osten für die falsche Herangehensweise. »Ich denke immer, die demokratische Mitbestimmung im Betrieb kann den Menschen nahebringen, wie Politik auch auf größerer Ebene funktionieren könnte«, sagt der Krankenpfleger.
Die Elbe-Elster-Klinikum GmbH konnte eine Anfrage bis Redaktionsschluss nicht beantworten.
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