Watsche für Spaniens Regierung beim Stimmungstest in Galicien

Bei Regionalwahlen in Galicien stürzen Sozialdemokraten ab

  • Ralf Streck, Tarragona
  • Lesedauer: 4 Min.

»Das Ergebnis ist unzureichend. Unser Ziel war es, eine neue Ära zu eröffnen.« Das erklärte Ana Pontón nach den Wahlen im nordwestspanischen Galicien unumwunden. Dabei ist ihr »Galicisch-Nationalistischer Block« (BNG) eigentlicher Wahlsieger der Regionalwahlen am Sonntag. Der linksnationalistische BNG ist die einzige Partei, die zulegen konnte. Mit knapp 32 Prozent erreichte sie das beste Ergebnis der Parteigeschichte. Vor vier Jahren waren es knapp 24 Prozent gewesen. Deutlich gestärkt wird die BNG-Chefin als zweitstärkste Kraft die Opposition nun mit 25 Sitzen anführen. Doch das Ziel, die Macht der rechten Volkspartei (PP) in deren Hochburg aufzubrechen, wurde unterm Strich verfehlt. Pontón fügte an: »Große Veränderungen sind nicht einfach.«

Absturz der Sozialdemokraten

Vor allem wegen des Absturzes der Sozialdemokraten konnte der PP die absolute Sitzmehrheit mit leichten Verlusten verteidigen. Die Wahlen hatten große Bedeutung für das gesamte Land und der Wahlkampf wurde stark mit nationalen Themen geführt. Mit 67 Prozent nahm die Wahlbeteiligung um 18 Prozentpunkte zu, wovon vor allem der PP profitierte. Trotz allem fiel der PP leicht von 48 auf 47 Prozent zurück und verlor zwei Sitze. Er hält aber mit 40 Sitzen weiter eine absolute Sitzmehrheit im Parlament von Santiago de Compostela.

Alfonso Rueda, der Nachfolger von Parteichef Alberto Núñez Feijóo, kann die Region weiter allein regieren. Der neue und alte Präsident der Regionalregierung bedankte sich ausdrücklich bei seinem Vorgänger und Parteichef für die Unterstützung. Feijóo habe »den Weg zu diesem außergewöhnlichen Erfolg heute abend bereitet«. Der PP-Chef hatte sich in seiner Heimat stark in den Wahlkampf eingemischt.

Die Bevölkerung habe »die richtige Entscheidung für Galicien und für Spanien getroffen«, erklärte Rueda. Der PP bleibt auch deshalb an der Macht, weil es ihm in Galicien erneut gelang, die rechtsradikale Vox klein zu halten. Die offenen Anhänger der Franco-Diktatur erhielten erneut nur zwei Prozent. Der PP regiert, mit einer kurzen Unterbrechung von 2005 bis 2009, seine Hochburg seit dem Ende der Franco-Diktatur 1975. Wie Feijóo kam auch der ehemalige spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy aus Galicien. Der PP war nach der Diktatur von dem Galicier und ehemaligen Franco-Minister Manuel Fraga gegründet worden.

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Die PP-Sprecherin Cuca Gamarra verwies darauf, dass die Zentralregierung abgewatscht worden sei, da die Sozialdemokraten (PSOE) von Regierungschef Pedro Sánchez in Galicien das »historisch schlechteste Ergebnis« eingefahren haben. Die PSOE kam nur noch auf 14 Prozent und verlor weitere fünf Punkte. Das Debakel für die Minderheitsregierung in Madrid wird daran deutlich, dass der Sánchez-Koalitionspartner, das neue Linksbündnis »Sumar« (Summieren), nicht einmal zwei Prozent erhielt und damit keinen Sitz.

Zweite Schlappe für Linksbündnis Sumar

Es ist die zweite Schlappe für Sumar. Sie trifft insbesondere die Sumar-Chefin und spanische Vizepräsidentin Yolanda Díaz in ihrer Heimatregion. Die Sumar-Kandidatin Marta Lois erklärte, dass man »diese schlechten Ergebnisse« nicht erwartet habe. Sie relativierte aber: »Wir müssen bedenken, dass wir ein neues Projekt sind, zum ersten Mal teilnehmen und bei null anfangen.« Das stimmt nur in Bezug auf die Regionalwahlen. Sumar trat bei den spanischen Parlamentswahlen vergangenen Juli auch in Galicien an. Der Absturz wird im Vergleich dazu richtig klar. Im Bündnis mit der Linkspartei Podemos – inzwischen haben sich Sumar und Podemos getrennt – kam die Partei vor sieben Monaten noch auf elf Prozent und lag vor dem BNG mit 9,6 Prozent.

Klar ist, dass sich der angeschlagene PP-Chef Feijóo etwas aus der Schusslinie seiner starken internen Kritiker bringen konnte. Ein Resümee seines PP ist aber klar falsch. Der PP meint, diese Wahlen zeigten deutlich, dass sich die Bevölkerung gegen die Politik von Sánchez und dessen Vorhaben richten würde, eine Befriedung des Konflikts mit Katalonien auch über eine Amnestie für Politiker wie den Exilpräsidenten Carles Puigdemont und viele Aktivisten zu erreichen. Dagegen spricht, dass in Galicien der linksnationalistische BNG deutlich gestärkt wurde, die extreme Rechte aber geschwächt. Der BNG setzt sich besonders für eine Amnestie ein und verteidigt zudem das Selbstbestimmungsrecht von Katalonien und Galicien.

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