Werbung

Adbusting in Berlin: Von Postern zur Posse

Polizei geht gegen Adbusting vor

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

Wieder sorgen satirisch verfremdete Plakate für Aufregung bei der Polizei: Vor allem in der Nähe des Hauptbahnhofs waren am vergangenen Wochenende in Vitrinen Plakate aufgetaucht, die nur auf den ersten Blick der Kampagne ähnelten, mit der die Polizei dafür wirbt, dass mehr junge Menschen diesen Beruf ergreifen. Doch schon beim zweiten Blick waren die Poster als Satire zu erkennen. »Rassismus? Wir mögen doch auch manche Ausländer«, steht da in großer Schrift. Weiter unten wird dann die politische Botschaft klar formuliert: »Abschiebungen, Rassismus, Gewalt sind dein Ding? Jetzt bewerben!«

»Wir konnten beobachten, wie sich noch am Abend der Aktion vor den Werbevitrinen mit unseren Postern Trauben von Polizisten bildeten und wild Fotos machten«, sagt Sam A. Hax zu »nd«. Hinter dem Alias-Namen verbirgt sich eine Aktivistin der Adbusting-Gruppe, die für die Satireposter verantwortlich ist. Mit der Aktion sollte darauf aufmerksam gemacht werden, dass seit einem halben Jahr gegen zwei Menschen ermittelt wird, die Poster gleichen Inhalts anbrachten.

Dabei habe, so Hax, sogar das Landeskriminalamt den Polizist*innen mitgeteilt, sie sollten die Maßnahme einstellen, weil die Plakat-Aktion nicht strafbar sei. Tatsächlich hatten in den vergangenen Jahren Gerichtsinstanzen verschiedener Bundesländer entschieden, dass Adbusting-Aktionen nicht per se strafbar seien. Daher wurde auch vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Hausdurchsuchung wegen der Satireplakate für rechtswidrig erklärt.

Aktivist*innen verschickten in den vergangenen Tagen an verschiedene Polizeistationen per E-Mail eine Rechtsbelehrung, die über diese Entscheidungen informierte. Eine ungewöhnliche Aktion – denn in der Regel erhalten Linke Schreiben von der Polizei und nicht umgekehrt. Doch die Rechtsbelehrung sorgte bei der Polizei für weitere Irritationen. In einem Rundschreiben der Polizeidirektion 3 wurde bei anderen Dienststellen nachgefragt, ob ähnliche Schreiben eingegangen seien. »Im Positivfall bitte ich um kurze, prägnante Darstellung und digitale Übersendung des jeweiligen Anschreibens«, heißt es in dem »nd« vorliegenden Rundschreiben.

Die Polizeipressestelle bestätigte »nd«, dass dem Politischen Staatsschutz des LKA seit dem 12. Februar 60 derartige Schreiben bekannt sind. Juristische Folgen dürften aber ausbleiben. »Da der Inhalt der Schreiben bisher ohne strafrechtliche Relevanz ist, wurden keine Ermittlungsverfahren eingeleitet«, so die Polizeipressestelle.

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links

nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Niklas Schrader, der in der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus für Innenpolitik zuständig ist, kritisiert gegenüber »nd«, dass mit viel Aufwand nach satirischer Polizeikritik gefahndet wird. »Die Maßnahmen stehen in keinem Verhältnis zu den Taten. Dass die Polizei das nicht hinnehmen will, zeigt, dass es ihr mehr um die Wahrung ihres Images geht als um Kriminalitätsbekämpfung«, so Schrader. Auch die Rundschreiben nach der linken Rechtsbelehrung über die Nichtstrafbarkeit von Adbusting-Aktionen kommentiert Schrader mit Unverständnis: »Ich empfehle, sich mit der Kritik auseinanderzusetzen, statt sie zu kriminalisieren. Aber in Sachen Kritikfähigkeit ist bei den deutschen Polizeibehörden noch viel Luft nach oben.«

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal