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Krankenhäuser stehen unter Strom

Brandenburger Förderprogramm für Energiesparmaßnahmen kann nicht alle Finanzprobleme der Kliniken lösen

Ohne Strom kann kein Krankenhaus auskommen. Doch die gestiegenen Energiepreise führen zu Finanzierungsproblemen der Brandenburger Kliniken. Lösungen müssten vor allem auf Bundesebene her.
Ohne Strom kann kein Krankenhaus auskommen. Doch die gestiegenen Energiepreise führen zu Finanzierungsproblemen der Brandenburger Kliniken. Lösungen müssten vor allem auf Bundesebene her.

Erst die Corona-Pandemie, dann die sprunghaft gestiegenen Energiepreise. 70 Prozent der Krankenhäuser in Brandenburg »schreiben rote Zahlen«, sagt am Freitag der Landtagsabgeordnete Björn Lüttmann (SPD). »Sollte es im nächsten Jahr nicht mehr finanzielle Hilfen vom Bund geben, geraten viele Krankenhäuser an ihr Limit.« Für Lüttmann steht fest: »Unser Krankenhaussystem ist selbst krank geworden und braucht eine Behandlung.«

Darüber besteht Einigkeit im Parlament. »Die Lage ist doch allen bekannt: Die Krankenhäuser befinden sich in stürmischen Zeiten«, unterstreicht der CDU-Abgeordnete und Medizinprofessor Michael Schierack. Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) wisse genau Bescheid, »wo der Hund begraben liegt«. So weit die Koalitionsparteien.

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Die Situation der Kliniken sei »prekär«, bestätigt aber zum Beispiel auch der Abgeordnete Andreas Büttner von der oppositionellen Linksfraktion. Bundesweit fehlten ihnen monatlich 500 Millionen Euro, sagt er. Um das zu wissen, benötige man nicht erst das von den Freien Wählern beantragte unabhängige Gutachten. Büttner geht in der Landtagssitzung Punkt für Punkt durch: Eine Analyse des Versorgungsbedarfs bis zum Jahr 2028 hat das Ministerium bereits in Auftrag gegeben. Seit September wird daran gearbeitet. Für die Niederlausitz liegt das Ergebnis sogar schon vor, für die anderen Regionen kommt das noch. Die Zusammenarbeit mit dem Land Berlin sei im gemeinsamen Krankenhausplan vereinbart. Der nächste soll 2026 in Kraft treten. Die Luftrettung sei klar geregelt, Listen der Ausbildungsstätten seien im Internet zu finden. »Wir brauchen dafür kein Gutachten«, meint Büttner.

Seine Zuschüsse für Investitionen der 54 Kliniken in Brandenburg hat das Land von früher 80 Millionen Euro im Jahr auf jetzt 110 Millionen Euro aufgestockt. Zum Beispiel für das Installieren von Solarzellen und für andere Maßnahmen zum langfristigen Umgang mit den Energiepreisen legte das Land ein eigenes 66-Millionen-Euro-Förderprogramm auf. Staatssekretärin Antje Töpfer besucht am Freitag die Immanuel-Klinik Rüdersdorf, die schon 200 000 Euro aus dem Programm erhalten und ihre Beleuchtung komplett auf LED-Leuchten umgestellt hat. »Damit und mit einem durchdachten Lichtkonzept ist es uns gelungen, bisher etwa 78 000 Kilowattstunden Strom zu sparen«, erläutert Pflegedirektor Daniel Thamm. »Dies entspricht einer Halbierung an Energieverbrauch für die Beleuchtung unserer Klinik.«

Nach Ansicht von Büttner dürften es gut und gerne auch 200 Millionen Euro für Investitionen der Krankenhäuser sein. Die Gesundheitsministerin hätte gewiss nichts dagegen, weiß Büttner. Aber die Kliniken wieder in die schwarzen Zahlen zu führen, könne nicht Sache der Länder sein. Die entscheidenden Weichen in der Gesundheitspolitik werden nun einmal auf Bundesebene gestellt.

Der Antrag der Freien Wähler wird abgelehnt. Nur die AfD schlägt sich auf deren Seite, beantragt ergänzend, es solle bei den Kliniken abgefragt werden, wie sie für Stromausfälle gerüstet sind. Das fällt ebenfalls flach. Krankenhäuser haben Notstromaggregate, damit lebensrettenden Systemen zum Beispiel zur Beatmung von Patienten nicht der Saft ausgeht.

Die Abgeordnete Carla Kniestedt (Grüne) malt sich aus, wie die Freien Wähler mit ihrem Landesvorsitzenden Péter Vida in einer Strategiekommission zusammensaßen und sich bei einem Orangensaft – »hoffentlich in Bioqualität« – überlegten, was den Menschen besonders viel Angst mache, womit die Freien Wähler, deren Symbol eine Orange ist, bei der Landtagswahl am 22. September punkten könnten.

Der Vorwurf ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Schließlich waren die Freien Wähler so ehrlich, im April 2023 offen zu bekennen, dass sie pünktlich zum Landtagswahlkampf eine Volksinitiative starten wollen, um sich ins Gespräch zu bringen. Da waren Vorschläge an den Landesvorstand erbeten. Ein Knüller war vor der Landtagswahl 2019 ihre Volksinitiative zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Geworden ist es diesmal eine zur Rettung von Krankenhäusern und Arztpraxen. Unterschriften für die Volksinitiative »Gesundheit ist keine Ware« könnten noch viele Monate lang gesammelt werden. Doch zu Ostern will der Landesverband einen Strich ziehen und zusammenzählen, ob die notwendigen mindestens 20 000 Unterschriften beisammen sind. Vida hat noch keinen Überblick, weil die Listen erst dann eingesandt werden.

Keineswegs stehen die Freien Wähler mit ihrer Idee allein da. Die AfD möchte per Volksinitiative Gender-Stern, Unterstrich, Binnen-I und andere Sonderzeichen einer geschlechtergerechten Sprache in Schreiben von Behörden sowie in Schulen und Hochschulen verbieten.

Die Linke hat eine Volksinitiative für kostenloses Mittagessen an Grundschulen gestartet. Sie handelt da allerdings nicht für sich allein, sondern in einem Aktionsbündnis mit Elternbeiräten, Gewerkschaften, dem frauenpolitischen Rat, Verbänden alleinerziehender Eltern, Volkssolidarität und Arbeiterwohlfahrt. Weil etliche verschiedene Organisationen an der Volksinitiative »Schule satt« beteiligt sind, kann Linke-Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberg derzeit keinen Zwischenstand vermelden. Der soll Mitte April erhoben werden. Doch Wollenberg ist sehr optimistisch. »Die Resonanz ist bis jetzt ausnahmslos positiv«, sagt er.

2019 hatte Brandenburgs Linke wenige Wochen vor der Wahl die Initiative »Keine Geschenke den Hohenzollern« gestartet. Diese hatte verlangt, das vormalige Herrscherhaus für nach dem Zweiten Weltkrieg enteigneten Besitz nicht zu entschädigen.

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