Kündigt der Grundeigentümer den Pachtvertrag, ist Entschädigung für Aufbauten und Anpflanzungen fällig
Grundstücksnutzung
Das Schuldrechtsanpassungsgesetz hat dafür klare Regelungen geschaffen. In § 12 Abs. 2 heißt es ausdrücklich: »Endet das Vertragsverhältnis durch Kündigung des Grundstückseigentümers, ist die Entschädigung nach dem Zeitwert des Bauwerks im Zeitpunkt der Rückgabe des Grundstücks zu bemessen.« Und § 27 bestimmt: »Nach Beendigung des Vertrages hat der Grundstückseigentümer dem Nutzer neben der Entschädigung für das Bauwerk auch eine Entschädigung für die Anpflanzungen zu leisten.«
u Anzustrebender Vergleich
Nicht selten wird der Versuch unternommen, sich über eine Vertragsbeendigung und eine Entschädigung ohne Klage vor Gericht in einem Vergleich zu einigen. Das kann auf Dauer ein guter Weg sein. Doch nicht immer gelingt das reibungslos. Rechtsanwalt JÜRGEN NAUMANN, Berlin-Mitte, hat einen solchen Fall bearbeitet. Er erhob namens seines Mandanten, eines Erholungsgrundstücksnutzers, Klage vor dem Amtsgericht Strausberg gegen den Grundstückseigentümer auf Zahlung einer Entschädigung für den Zeitwert des auf dem Grundstück befindlichen Bungalows und der vom Nutzer durchgeführten Erschließungsmaßnahmen bei Rückgabe des Grundstücks sowie Entschädigung für die bei Übergabe des Grundstücks vorhandenen Anpflanzungen.
Der Nutzungsvertrag wurde im August 1978 geschlossen, Baugenehmigung für den Bungalow der entsprechenden Gemeinde liegen vor. Die elektrischen Anlagen wurden nachweisbar auf eigene Rechnung geschaffen. Den Nutzern war einst ein Grundstück verpachtet worden, das nicht mit elektrischem Strom erschlossen war. Ein Sachverständiger schätzte also den Wert des insgesamt zu Entschädigenden auf 11 400 Euro.
Der Grundeigentümer kündigte zum 31. Dezember 2006 das Nutzungsverhältnis, da er das Grundstück selbst verwerten wollte. Der Versuch des klagenden Nutzers, eine außergerichtliche Einigung zu erreichen, scheiterte jedoch. Der Beklagte riss eigenmächtig, als unerlaubte Handlung, Mitte Januar 2007 den Bungalow und den Schuppen ab und nahm eine komplette Rodung der Bäume vor. Da eindeutig die Kündigung des Vertragsverhältnisses durch den Grundeigentümer erfolgte, fordert der Kläger die Zahlung von 10 000 Euro Entschädigung. Diese Summe basiert nachvollziehbar auf der Kurzeinschätzung des Sachverständigen. Sogar jede Anpflanzung auf dem Grundstück wird detailliert dargestellt.
u Unwissenheit oder Ignoranz
Die Vertreterin des Grundeigentümers forderte in ihrer Klageerwiderung natürlich, die Klage abzuweisen. Ist es Unwissenheit oder Ignoranz, dass sie lediglich einen Entschädigunganspruch »dem Grunde nach« für den Bungalow, aber mit weit geringerem Wert, bestätigt, nicht aber für die Erschließungskosten und die Anpflanzungen? Stattdessen fordert sie sogar noch die halben Abriss- und Beseitigungskosten, die Kosten für ein zusätzliches Sachverständigengutachten und für Schaden, der angeblich durch Kontaminierung mit Abwässern entstanden ist. Mit diesen Forderungen kam sie jedoch bei Gericht nicht durch.
u Der Richterspruch
Das Amtsgericht Strausberg bestärkte die in der Klageschrift dargelegten Positionen und wies die Forderungen der gegnerischen Partei zurück (Az. 23 C 60/07). Der Richter empfahl eine vergleichsweise Beilegung des Rechtsstreites sowie die Erstellung eines neuen Gutachtens.
Da den klagenden Nutzern um des lieben Friedens Willen an einer abschließenden Regelung gelegen war, stimmten sie dem nachfolgenden Vergleich zu:
– Die Parteien stimmen überein, dass das Nutzungsverhältnis durch Kündigung des Eigentümers am 31. Dezember 2006 endete.
– Durch den Eigentümer wird eine Entschädigung in Höhe von 3500 Euro gezahlt.
– Nach Zahlung der Abfindung sind gegenseitig alle Ansprüche abgegolten, die Gegenforderungen sind also nicht mehr Gegenstand von Verhandlung. Auch die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
u Keine Zusatzvereinbarung
Rechtsanwalt Naumann gibt aber auch zu bedenken, dass Eigentümer besonders im letzten Jahr versuchen, mit Nutzern Zusatz- oder Neuvereinbarungen abzuschließen, um so das Schuldrechtsanpassungsgesetz und die Nutzungsentgeltverordnung auszuhebeln.
Nutzer sollten solche Vereinbarungen nicht voreilig, sondern erst nach einer umfassenden Beratung mit einem Fachanwalt oder einem entsprechenden Verein oder Verband, wie dem Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN), unterschreiben.
RBL
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