Cannabis-Aktivistin: »Hanf hat so viele Vorteile«

Chokwan »Kitty« Chopaka über ihr langjähriges Engagement für die Legalisierung von Cannabis

  • Interview und Foto: Michael Lenz
  • Lesedauer: 6 Min.
Thailand: Cannabis-Aktivistin: »Hanf hat so viele Vorteile«

Kitty, wie sind Sie zur Cannabis-Aktivistin geworden?

Im Laufe der Jahre hat sich mein Verhältnis zu Cannabis immer wieder verändert. Als Teenager war für mich, wie bei allen anderen verrückten Kindern, der Zugang zu Cannabis, Alkohol und Zigaretten der Schlüssel zum Erfolg. Später im Berufsleben wurde Cannabis ein Mittel zum Stressabbau. Als ich Mutter wurde, habe ich während der Schwangerschaften und der Stillzeiten natürlich nicht konsumiert. Während dieser Zeit habe ich aber viel über Hanf gelernt, was Cannabis technisch gesehen ja ist. Hanf hat außer den Highs so viele wunderbare Vorteile. Hanfsamen haben zum Beispiel einen hohen Anteil der essenziellen Fettsäuren Omega 3, 6 und 9. Dann gibt es die Stängel, aus deren Fasern man viele Produkte herstellen kann. Aber das alles konnten wir nicht nutzen, weil Hanf als Betäubungsmittel galt, auch wenn er kein THC enthält.

Wie kam es dann zu Ihrem Eintreten für die Legalisierung von Cannabis?

Ich habe lange in der Anwaltskanzlei meiner Familie gearbeitet. Mein Vater hat mir immer gesagt, ich kann dir als Anwalt bei allem helfen, außer bei Drogen. Ich mochte aber die Arbeit und vor allem die Mandanten nicht und habe nach zehn Jahren die Kanzlei verlassen. Das Lustige ist, dass meine Mutter mir seit Jahren immer wieder Informationen über Cannabis, über die Legalisierung in diesem oder jenem Land, die Vorteile von Cannabis und so weiter schickte. Sie sagte: »Du magst Cannabis. Du solltest Ganja-Unternehmerin werden.« Ich antwortete: »Aber das ist nicht legal, Mama.« Ihre Antwort: »Mach es legal!« Das war vor sieben Jahren, und jetzt bin ich hier bei der Protestkundgebung.

Interview


Chokwan »Kitty« Chopaka ist Thailands prominenteste Aktivistin für die Legali­sie­rung von Cannabis. Nachdem die Pflanze im Juni 2022 von der Liste der verbotenen Rauschmittel gestrichen worden war, schossen Tausende Cannabis-Läden aus dem Boden, so auch der von Kitty Chopaka. Seit die Regierung die erneute Kriminalisierung plant, gehen Aktivisten wieder auf die Barrikaden. »nd« hat Kitty Chopaka im Juli in einem Protestcamp vor dem Amtssitz des Premierministers getroffen.

Hat Ihre Mutter Cannabis probiert?

Sie mag nichts, was ihr Gehirn beeinflusst. Sie trinkt auch keinen Alkohol, aber sie trinkt Cannabistee, wenn sie nicht schlafen kann oder wenn es ihr nicht so gut geht. Mein Vater fand Cannabis nicht toll und brauchte eine Weile, bis er umschwenkte. Erstmals wurde er neugierig, als er mal zu Besuch war und mir zuschaute, wie ich ein Öl für einen Patienten zubereitete. So richtig verstand er den Nutzen von Cannabis, als er einen Schlaganfall hatte. Seine Zunge war verknotet, sodass er nicht mehr sprechen konnte. Für einen Anwalt ist es die Hölle, nicht sprechen zu können. Aber Cannabis half. Jetzt spricht er wieder normal und kann wieder vor Gericht auftreten. Er wird unsere Sache höchstwahrscheinlich übernehmen, wenn Cannabis wieder als Betäubungsmittel klassifiziert und verboten wird.

Sie betreiben hier in Bangkok einen Cannabis-Shop. Beraten die Mitarbeiter die Kunden?

Auf jeden Fall. Wir fragen Kunden immer: »Haben Sie es schon einmal konsumiert?« Und: »Zu welcher Gelegenheit wollen Sie konsumieren?« Die einen sagen, sie wollen entspannt einen Film ansehen, andere wollen Party machen, wieder andere wollen essen oder shoppen gehen. Dann können wir ihnen das geeignete Produkt mit bestimmten Stärken und Wirkweisen empfehlen. Außerdem geben wir allgemeine Tipps und Ratschläge. Zum Beispiel, dass man Cannabis auf Inlandsflügen mitnehmen kann oder dass es okay ist, es mit sich herumzutragen, und die Polizei nichts dagegen tun kann. Die Polizei in Thailand hat ja einen gewissen Ruf, schon mal ahnungslose Touristen zu erpressen. Es geht also darum, dass jeder sicher ist, nicht nur was die Verwendung angeht, sondern auch rechtlich. Aber wir machen Touristen auch ganz klar, dass sie nichts ins Ausland mitnehmen dürfen. Die Nachbarländer haben für Drogenbesitz sehr rigide Strafen bis hin zur Todesstrafe.

Die Regierung will Cannabis wieder kriminalisieren. Gleichzeitig soll der Verkauf von Alkohol an internationalen Flughäfen während buddhistischer Feiertage erlaubt und das Alkoholverkaufsverbot zwischen 14 und 17 Uhr zur Tourismusförderung aufgehoben werden. Ist das nicht widersprüchlich?

Ja. Das zeigt, woher das Geld kommt. Es ergibt also Sinn, dass sie Alkohol fördern wollen. Man könnte ja auch Cannabis besteuern, aber dann müsste es legal bleiben.

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Ist Ihr Mann auch ein Streiter für die Cannabis-Sache?

Mein Mann unterstützt mich voll und ganz, kümmert sich um die Kinder, wenn ich unterwegs bin, aber selbst konsumiert er überhaupt kein Cannabis. Das ist allein mein Ding. Er ist ein Technik-Nerd. Ich bin der Cannabis-Nerd.

Wissen Ihre Kinder, was Sie tun?

Ja, absolut. Der Sohn ist 13 und die Tochter 11. Wenn ich losziehe, fragen sie mich, was ich vorhabe. Wenn ich ihnen dann sage, ich gehe protestieren, fragen sie: »Wie, ist es noch nicht vorbei?« Ich muss mich ihnen immer erklären. Ich kann ihnen ja nicht sagen, dass sie keine Regeln brechen sollen, während ich selbst das dauernd tue. Ich will ihnen beibringen, dass es keinen Sinn ergibt, unfaire Regeln nur zu brechen, sondern dass man etwas dafür tun kann, sie zu verändern. Wir reden also. Dabei geht es aber nicht nur um Cannabis, sondern auch um Kaffee, Alkohol und Drogen. Wir haben mit ihnen auch von klein auf über Sexualität gesprochen. Das ist in Thailand nicht üblich. Mein Mann und ich haben wohl eine andere Sichtweise.

Konsumieren die Kinder schon Cannabis?

Nein. Ich bin diesbezüglich eine sehr strenge und verantwortungsvolle Mutter. Natürlich habe ich Cannabis zu Hause. Die Kinder könnten es finden, würden es aber nicht anfassen. Sie wissen, dass es nichts ist, womit sie sich wirklich wohlfühlen und was ihnen Spaß machen würde, bis ihr Gehirn einen gewissen Entwicklungsstand erreicht hat. Das ist wie Trunkenheit. Kinder mögen das nicht. Kinder greifen nur zu Drogen oder Alkohol, wenn sie Probleme mit ihrem sozialen Umfeld und ihrer Familie haben.

Werden Ihre Kinder von Ihren Freunden auf den Cannabis-Aktivismus ihrer Mutter angesprochen oder gar gefragt, ob sie etwas Stoff besorgen können?

Nein. Die Freunde kommen vorbei und übernachten auch schon mal bei uns. Die Eltern wissen, dass ich eine Aktivistin und dauernd in allen Nachrichten bin. Einige von denen sind sogar in meinem »Fanclub«. Mein Sohn wurde allerdings mal gemobbt. Man sagte ihm, seine Mutter sei ein Junkie. Ich werde in den sozialen Medien auch schon mal angegriffen. Weil ich als Frau für die Cannabis-Legalisierung eintrete, werde ich als schlechte Mutter beschimpft und mit Flüchen belegt wie: »Ich hoffe, deine Kinder sind süchtig.« Auch wenn ich immer auf die Straße gehe und protestiere, bin ich trotzdem eine gute Mutter, die ihren Kindern ein sehr gutes Zuhause bietet. Und eines sage ich klar und deutlich: Ich möchte, dass meine Kinder, wenn sie alt genug sind, eher Cannabis konsumieren als Zigaretten oder Alkohol. Und ich möchte sicherstellen, dass sie einen legalen Zugang dazu haben.

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