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Das gelieferte Lieferkettengesetz
Die Bürokratieentlastung durch die Regierung ist willfährig
Seit Monaten poltert die Unternehmenslobby gegen die angeblich überbordende Bürokratie in Deutschland und fordert Entlastungen. Es reicht noch immer nicht, dass die Ampel den bürokratischen Aufwand reduziert und Genehmigungsverfahren verkürzt hat. Einige Lobbyisten haben vor allem dem Lieferkettengesetz den Kampf angesagt – mit Erfolg: »Das kommt weg« und zwar noch dieses Jahr, versprach Kanzler Olaf Scholz jetzt beim Arbeitgebertag. Zuvor hatte bereits Wirtschaftsminister Robert Habeck zugesichert, er wolle die »Kettensäge anwerfen und das ganze Ding wegbolzen«. Das Ding, wohlgemerkt, war ein Prestigeprojekt der Grünen.
Tatsächlich wird die Kettensäge in vielen Weltregionen vor allem im globalen Süden angeworfen – um Flächen zu gewinnen für den Anbau von Produkten, die auch nach Deutschland geliefert werden. Ganz zu schweigen von Kinderarbeit und miesen Löhnen in der Lieferkette. Vielen hiesigen Unternehmen war dies egal, erst die gesetzliche Sorgfaltspflicht schuf überhaupt ein Problembewusstsein. Nicht weniger, aber auch nicht mehr, denn die Bürokratie in Deutschland ist nicht einmal in der Lage, die Berichte genau zu prüfen und Verstöße zu ahnden.
Dies soll nun alles nicht mehr gelten, allen sonstigen Menschenrechtsbeteuerungen auf internationaler politischer Bühne zum Trotz. Die Regierung will zwar die deutsche Regelung nur aussetzen, bis die EU-Regelung in Kraft tritt. Aber wenn man sich schon jetzt von der Unternehmerlobby die gültige Rechtslage wegstenografieren lässt, könnte auch das EU-Lierferkettengesetz bald geliefert sein.
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