Donald Trumps Hetze infiziert den College-Sport

In den letzten Tagen vor der Wahl versucht der Ex-Präsident, mit Parolen gegen trans Athletinnen Stimmen für sich zu gewinnen

  • Lennart Garbes
  • Lesedauer: 6 Min.
Weil eine trans Frau Teil des Volleyballteams der San José State University sein soll, wollen einige Teams nicht mehr gegen es antreten.
Weil eine trans Frau Teil des Volleyballteams der San José State University sein soll, wollen einige Teams nicht mehr gegen es antreten.

Eigentlich waren die Volleyballerinnen der San José State University gut in die Saison gestartet. Die Spartans – wie das College-Team aus der Stadt südlich von San Francisco genannt wird – konnten ihre ersten neun Spiele gewinnen. Danach jedoch geriet die Saison aus den Fugen. Ende September trat das Team der Boise State University aus Idaho nicht gegen die Spartans an. Es folgten weitere Teams, die ihre Spiele gegen San José kampflos aufgaben. Im Oktober kamen die Volleyballerinnen der University of Wyoming, der Utah State University und der University of Nevada dazu.

Der Grund für die kampflosen Niederlagen sind Berichte, dass bei San José State eine trans Frau mitspielen soll. Dabei hat die Universität in San José bisher öffentlich nicht bestätigt, dass eine trans Person Teil des Volleyballteams ist. Einige US-Medien berichten zwar über eine Spielerin, doch die »New York Times« schrieb noch in der vergangenen Woche, dass sie weder die Identität der Spielerin verifizieren könne, noch, ob sich überhaupt eine trans Frau im Team befinde. Dennoch verkündete Sia Liilii, die Kapitänin des Volleyballteams der University of Nevada, nach ihrer kampflosen Aufgabe im »Reno Gazette Journal« vor einer Woche: »Frauen haben so hart dafür gekämpft, um an den Punkt zu kommen, an dem wir jetzt sind, dass wir Division 1 (Die höchste Spielklasse am College, Anm. d. Red.) Volleyball spielen dürfen. Dass da jetzt ein biologischer Mann mitspielen darf, ist nicht fair.«

Für die Republikaner sind die Spielaufgaben in der Mountain West Conference eine willkommene Gelegenheit, um ihrem transfeindlichen Wahlkampf noch einmal Nachdruck zu verleihen. Laut Fernsehsender ABC hat Donald Trumps Wahlkampfteam seit Anfang Oktober 21 Millionen US-Dollar in trans- und queerfeindliche TV-Spots gesteckt, etwa ein Drittel seines Gesamtbudgets für Fernsehwerbung in dieser Zeit. Ganz gemäß der Parteistrategie erklärten die republikanischen Gouverneure von Idaho und Wyoming sofort nach den Spielabsagen ihre Unterstützung für die nicht angetretenen College-Teams. Und auch Trump äußerte sich Mitte des vergangenen Monats zum Volleyballteam der San José State University. Der 78-Jährige nahm bei einem Bürgerdialog Bezug auf ein Video in den sozialen Netzwerken, das zeigt, wie eine Spielerin der San Diego State University nach einem Angriffsschlag von einer San-José-Spielerin vom Ball am Oberkörper getroffen wird und danach kurz zu Boden geht.

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»Ich habe noch nie gesehen, dass ein Ball so hart geschlagen wurde. Der Ball hat das Mädchen am Kopf getroffen. Auch im Volleyball wurden Leute schon ernsthaft verletzt, weil Frauen gegen Männer spielen«, sagte Trump bei dem Event, das vom Fernsehsender Fox News übertragen wurde, und erklärte, dass er im Falle seiner Wiederwahl trans Athletinnen den Zugang zu Frauenteams verbieten würde. Nach den Aussagen Trumps gab die San Diego State University eine Stellungnahme heraus, in der es hieß, dass ihre Spielerin im Spiel gegen die Spartans nicht im Gesicht, sondern an der Schulter getroffen worden sei. Außerdem sei die Spielerin nicht verletzt und habe nicht einen Ballwechsel verpasst. Die mehrfache Forderung nach einer Richtigstellung wurde nach Angaben der Universität weder von Trump noch von Fox News beachtet.

Auch Equality California, eine jener großen Non-Profit-Organisationen, die sich in den USA für die Rechte der LGBTQ+-Community einsetzen, bezog inzwischen klar Stellung zur Diskussion um das Team aus San José. Tony Hoang, der Geschäftsführer der Organisation, erklärte: »Es muss ganz klar gesagt werden, dass es hier nicht wirklich um Sport geht, sondern um eine koordinierte landesweite Attacke gegen die LGBTQ+-Community, angeführt von extrem konservativen und rechten Politikern. Weniger als zwei Prozent aller Athlet*innen der NCAA identifizieren sich als trans oder nonbinär und die NCAA hat bereits ausreichende Regeln, um die Fairness zu garantieren.«

Die National Collegiate Athletic Association (NCAA) ist der Verband, der in den USA die Sportwettkämpfe zwischen den Universitäten organisiert. Wenn es um die Teilnahme von trans Personen geht, variieren die Regeln der NCAA dabei von Sportart zu Sportart. Im Volleyball müssen trans Athletinnen nachweisen, dass sie die »notwendigen Schritte zur Geschlechtsangleichung« unternommen haben. Außerdem dürfen die trans Spielerinnen ein gewisses Testosteronlevel nicht überschreiten. Da alle Spielerinnen der San José State University spielberechtigt sind, gibt es anscheinend keine Widersprüche zum College-Regelwerk. Tatsächlich befindet sich die Spielerin, die von US-Medien als die mögliche trans Athletin benannt wird, bereits im dritten Jahr im Team. Auch aus den vergangenen Jahren sind keine Regelverstöße bekannt. In den beiden vorherigen Spielzeiten waren auch die Teams aus Idaho, Utah, Wyoming und Nevada noch ohne Einwände gegen San José angetreten.

Dass die Diskussion erst in dieser Saison und damit kurz vor der US-Wahl so groß geworden ist, liegt an einer Spielerin aus den eigenen Reihen der Spartans. Brooke Slusser, die Ko-Kapitänin der Volleyballerinnen aus San José, schloss sich am 23. September einer Klage gegen die NCAA an. Darin behaupten mehrere Sportlerinnen, angeführt von der ehemaligen Profischwimmerin und transfeindlichen Aktivististin Riley Gaines, dass ihr Recht auf Gleichberechtigung durch die Teilnahme von trans Athletinnen an Frauenwettbewerben eingeschränkt worden sei. Die Klägerinnen berufen sich dabei auf das sogenannte Title-IX-Gesetz, das festschreibt, dass öffentlich finanzierte Bildungsinstitutionen in den USA niemanden aufgrund des Geschlechts diskriminieren dürfen.

Für Slusser und ihre Mitklägerinnen steht fest, dass sie durch die Beteiligung von trans Athletinnen in Frauenwettbewerben ihrer fairen Chance beraubt wurden. Ihre Teamkollegin könne den Ball viel härter schlagen als jede Spielerin, gegen die sie je gespielt habe, weswegen sie sich fürchte, durch die Schlagkraft verletzt zu werden, erklärte Slusser in einem Interview mit Fox News, in dem sie zudem forderte, ihre Mitspielerin aus dem Team zu werfen. Eine Sprecherin der San José State University erklärte daraufhin, dass es bisher weder im Training noch in einem Spiel ungewöhnliche Verletzungen nach Ballwechseln gegeben habe, an denen die besagte Teamkollegin beteiligt war, sowohl in der laufenden als auch in den vergangenen Spielzeiten nicht.

In den sieben Spielen der San José State University, die seit Bekanntwerden der Klage von Slusser noch stattfinden konnten, standen die Ko-Kapitänin und die von ihr angefeindete Mitspielerin weiter gemeinsam auf dem Feld. Auch durch die vier kampflosen Siege in der Mountain West Conference stehen die Spartans inzwischen bei einer Bilanz von 10:3. Das Team darf von der ersten Teilnahme am landesweiten NCAA-Meisterschaftsturnier seit 23 Jahren träumen. Laut einem Interview mit San Josés Volleyballtrainer Todd Kress in der »Los Angeles Times« hält sich die Freude darüber trotzdem in Grenzen: »Es gibt Kräfte von außen, die versuchen, unser Team, unsere Universität, unsere Liga und unseren Sport zu spalten. Ich weiß, dass unsere Spielerinnen sehr darunter leiden.« Ende November stehen die Entscheidungsspiele in der Mountain West Confernce an. Es ist möglich, dass San José State dann kampflos ins NCAA-Turnier einzieht.

Donald Trump ist inzwischen schon zur nächsten Sportart weitergezogen. Am Samstag nutzte der Ex-Präsident einen seiner letzten Wahlkampfauftritte in Salem, Virginia, um das Schwimmteam des nahegelegenen Roanoke-Colleges zu sich auf die Bühne zu holen. Die Schwimmerinnen hatten sich vor einem Jahr dagegen gewehrt, eine trans Frau in ihr Team aufzunehmen, die zuvor Teil des Männerteams gewesen war. Die Frauen hätten erfolgreich gegen die »Transgender-Fanatiker in diesem Land« gekämpft, sagte Trump zur jubelnden Menge und fuhr fort: »Wir werden Männer aus dem Frauensport raushalten, das verspreche ich euch.«

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