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Trump sortiert Machtzirkel neu
Der nationale Sicherheitsberater Mike Waltz wird nach dem Messenger-Skandal aus Washington abgeschoben
US-Präsident Donald Trump hat die bislang tiefgreifendste personelle Veränderung in seiner Regierung angeordnet und den Nationalen Sicherheitsberater Mike Waltz abberufen. Waltz soll aus dem Weißen Haus in Washington zu den Vereinten Nationen in New York wechseln und dort amerikanischer Botschafter werden – im Vergleich zu früheren Personalabgängen während Trumps erster Amtszeit eine für beide Seiten einigermaßen gesichtswahrende Lösung. Offenbar wurde Waltz die Affäre um einen Gruppenchat über die kommerzielle App Signal zum Verhängnis.
Außenminister Marco Rubio soll Waltz’ bisherigen Posten vorübergehend übernehmen und damit noch näher an Trump heranrücken. Er berät den Präsidenten künftig in Fragen der nationalen Sicherheit und Außenpolitik – quasi als internationaler Krisenmanager. Der letzte Amtsträger, der gleichzeitig sowohl die Rolle des Außenministers als auch des Nationalen Sicherheitsberaters ausfüllte, war Henry Kissinger Anfang der 70er Jahre.
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Waltz nach Signal-Skandal unter Druck
Der ehemalige Offizier aus Florida war im Weißen Haus laut US-Medien schon länger in Ungnade gefallen. Trump respektiere Waltz zwar, sei mit seiner Arbeit und Personalauswahl aber nicht sonderlich zufrieden gewesen, heißt es. Der Tropfen, der das Fass wohl zum Überlaufen brachte, war der Skandal um den via Signal-App geführten Gruppenchat hochrangiger Regierungsmitglieder über bevorstehende Angriffe auf die Huthi-Miliz im Jemen.
Waltz hatte im März versehentlich den Chefredakteur des US-Magazin »The Atlantic«, Jeffrey Goldberg, zu dem Chat hinzugefügt – und damit ermöglicht, dass die heikle Kommunikation in der Presse landete. Die Affäre bescherte der Regierung höchst unliebsame Schlagzeilen und brachte Waltz in Erklärungsnot.
Waltz trat in der Öffentlichkeit weniger krawallig auf als manch anderer aus Trumps engstem Zirkel. Mit Blick auf den Ukraine-Krieg sah er vor allem die europäischen Partner in der Pflicht, mehr zu tun, und stimmte als Abgeordneter im Kongress im vergangenen Jahr gegen neue Milliardenunterstützung für Kiew. Gleichzeitig ist er ein scharfer Kritiker von Kreml-Chef Wladimir Putin und hat zumindest in der Vergangenheit die Ernsthaftigkeit russischer Verhandlungsangebote offen angezweifelt.
US-Vize Vance spricht von »Beförderung«
Mit seiner Versetzung nach New York blieb ihm das Los früherer Trump-Protegés erspart, die gänzlich entmachtet und vom Präsidenten mit Schimpf und Schande vom Hof geschickt wurden. Der UN-Posten ist zwar nicht an der Spitze der Machtzentrale in Washington angesiedelt, hat aber Kabinettsrang.
Bei der Ausgestaltung der internationalen Politik der USA wird Waltz künftig aber eher die zweite Geige spielen. Da nützt es auch nichts, dass Trumps Vize JD Vance die Personalie als »Beförderung« darstellt. Außerdem gilt es für Waltz auch noch, eine Hürde zu überwinden: Die Neubesetzung des Postens des UN-Botschafters muss vom Senat abgesegnet werden. Zwar haben die Republikaner dort eine knappe Mehrheit, aber um die üblichen Anhörungen vor der Abstimmung wird Waltz nicht herumkommen.
Rubio tritt in Kissingers Fußstapfen
Mit Waltz’ Abgang, den das Weiße Haus nicht als Entlassung verstanden sehen will, rückt Außenminister Rubio noch stärker in den Fokus. Der Sohn kubanischer Einwanderer war vergangenen Sommer als Kandidat für den Posten des Vizepräsidenten unter Trump im Gespräch. Die Wahl fiel dann letztlich auf Vance, während der damalige republikanische Senator aus Florida mit dem nicht minder einflussreichen Amt des Außenministers vorliebnahm.
Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Tammy Bruce, erfuhr von der Entscheidung Trumps, ihren Chef Rubio übergangsweise auch zum Nationalen Sicherheitsberater zu machen, augenscheinlich vor laufenden Kameras bei einem Pressegespräch. Konfrontiert mit Trumps Social-Media-Post dazu und der Frage einer Journalistin, wie lange der Außenminister beide Ämter ausfüllen werde, sagte sie: »Es ist offensichtlich, dass ich das gerade von Ihnen gehört habe.« Sie sprach in diesem Zusammenhang von einem »Wunder der modernen Technologie und der sozialen Medien«.
Rubio macht Druck bei Ukraine-Friedensverhandlungen
Ähnlich wie Waltz ist Rubio nicht fürs Herumpoltern bekannt und wirkt zurückhaltender als etwa Vizepräsident Vance oder Verteidigungsminister Pete Hegseth. Trumps Hardliner-Positionen vertritt der 53-Jährige dennoch offensiv.
Rubio drohte als Erster öffentlich damit, dass sich die USA aus den Vermittlungen um ein Ende des Ukraine-Kriegs zurückziehen könnten, wenn sich Russland und die Ukraine nicht schnell auf ein Friedensabkommen einigen. Für den Posten des Nationalen Sicherheitsberaters braucht Rubio nicht die Zustimmung des Senats – er kann quasi sofort loslegen. dpa/nd
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