Kein Bürgermeister von der AfD

Sozialdemokrat Christian Hartpiehl gewinnt knapp die Stichwahl in Templin

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.
Er wird neuer Bürgermeister von Templin: Christian Hartphiel (SPD) am Sonntag bei der Stimmabgabe in seinem Wahllokal.
Er wird neuer Bürgermeister von Templin: Christian Hartphiel (SPD) am Sonntag bei der Stimmabgabe in seinem Wahllokal.

»Ich setze mich dafür ein, dass unsere Kurstadt gastfreundlich, weltoffen und vielfältig bleibt«, hat der künftige Bürgermeister Christian Hartpiehl (SPD) schon vor seiner Wahl versprochen. »Templin ist traditionell ein beliebter Erholungsort und die wichtigste Tourismushochburg in der Uckermark. Unsere Stadt lebt und profitiert seit Jahrzehnten von den vielen Gästen, die unseren Ort und das wunderschöne Umland besuchen. So soll es bleiben und so wird es bleiben.«

Nach dem Ergebnis der Stichwahl vom Sonntag kann es tatsächlich so bleiben. Mit 53,8 Prozent der Stimmen besiegte Hartphiel – wenngleich etwas knapp –seinen Konkurrenten Christian Bork (AfD), der 46,2 Prozent einheimste. Die Wahlbeteiligung lag bei 59,9 Prozent.

Im ersten Wahlgang vor vier Wochen hatte keiner der sechs Bürgermeisterkandidaten die absolute Mehrheit erreicht. Darum kam es am Sonntag zur Stichwahl der beiden Bestplatzierten. Bork hatte vor der entscheidenden Abstimmung mit 31,4 Prozent an der Spitze gelegen. Hartphiel musste als Zweitplatzierter einen Rückstand von vier Prozentpunkten aufholen.

Dass ihm das am Sonntag gelang, ist keine Überraschung. Schon etliche Male lagen in Brandenburg bei Bürgermeister- und Landratswahlen Kandidaten der AfD in Front. In der Stichwahl wurden sie aber noch jedes Mal überflügelt. Vergleichbar knapp wie jetzt in Templin ist es dabei bisher nur 2023 in Oder-Spree geworden. Dennoch ist mit dem Ergebnis vom Sonntag nicht zu befürchten, dass es eine Welle von Stornierungen gebuchter Urlaubsreisen gibt. Nach der Bundestagswahl im Februar war das auf der Ostseeinsel Usedom passiert, nachdem die AfD in Mecklenburg-Vorpommern sehr stark abgeschnitten hatte.

»Dass sich Christian Hartphiel im zweiten Wahlgang gegen den AfD-Kandidaten durchsetzen konnte, ist nicht nur ein persönlicher Erfolg für ihn, sondern auch ein starkes Signal aus der Mitte unserer Stadtgesellschaft.«

Andreas Büttner Linke-Stadtverordneter

Der Posten des Bürgermeisters von Templin ist frei geworden, weil Detlef Tabbert nach 14 Jahren im Amt 2024 von der Linken in die Wagenknecht-Partei BSW wechselte und im Dezember neuer brandenburgischer Infrastrukturminister wurde. Der von einem BSW-nahen Bürgerbündnis und einer Wählergemeinschaft als sein Nachfolger nominierte Stadtverordnete Stefan Hennig war mit 17,8 Prozent als Drittplatzierter in der ersten Wahlrunde ausgeschieden.

Die Linke hatte keinen eigenen Bewerber aufgestellt und zunächst auch keinen anderen Bewerber unterstützt. Vor der Stichwahl hatte der Stadtverordnete Andreas Büttner (Linke) dann aber Wahlkampf für den Sozialdemokraten Hartphiel gemacht.

»Dass sich Christian Hartphiel im zweiten Wahlgang gegen den AfD-Kandidaten durchsetzen konnte, ist nicht nur ein persönlicher Erfolg für ihn, sondern auch ein starkes Signal aus der Mitte unserer Stadtgesellschaft«, sagt Büttner. Die Bürger von Templin haben aus seiner Sicht »ein deutliches Zeichen für demokratische Verantwortung, Zusammenhalt und Weltoffenheit gesetzt«.

Büttner gratuliert Hartphiel und wünscht ihm »eine glückliche Hand, Mut und Standfestigkeit für die Herausforderungen der kommenden Jahre«. Es sei gut für die rund 16 000 Einwohner zählende Stadt Templin, »dass ein Bürgermeister gewählt wurde, der für Zusammenarbeit statt Ausgrenzung steht – für konstruktive Kommunalpolitik und nicht für Spaltung«. Das Ergebnis zeige, dass es sich lohne, mit Argumenten, mit Haltung und mit Herz für die Demokratie zu kämpfen, findet Büttner. »Der hohe Stimmenanteil für die AfD im ersten Wahlgang mahnt uns alle jedoch, nicht nachzulassen: Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Wir müssen ihr Rückgrat sein – Tag für Tag.«

Dagegen sind die 46,2 Prozent Zustimmung für den AfD-Kandidaten Christian Bork nach Aussage des AfD-Landesvorsitzenden René Springer »mehr als ein Achtungserfolg«. Springer meint: »Fast die Hälfte der Wähler in Templin hat sich nicht beirren lassen – auch nicht durch die jüngste Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz.«

Der Geheimdienst führt die Partei inzwischen als »gesichert rechtsextremistisch«. Bei der Bundestagswahl im Februar hatte die AfD in Templin 33,4 Prozent der Stimmen erzielt und bundesweit 20,5 Prozent. In den Meinungsumfragen kletterte die AfD seither auf bis zu 26 Prozent und lag damit zwischenzeitlich vor allen anderen Parteien. Doch in einer am 2. Mai veröffentlichten Prognose der Forschungsgruppe Wahlen fiel die AfD wieder auf 23 Prozent zurück und wurde gleichzeitig von CDU/CSU überflügelt.

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