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Bildungsministerium: Karin Prien strukturiert endlich um

Fokus soll auf frühkindlicher Bildung liegen und verbunden mit dem Familienministerium effektiver umgesetzt werden – das ist auch dringend nötig

  • Paulina Rohm
  • Lesedauer: 4 Min.
Karin Prien erklärte zu ihrer Vereidigung als Bundesbildungsministerin am 7. Mai, sie wolle in ihrem neuen Amt den »Chancen und Herausforderungen im Bildungssystem und in der Demokratiebildung« gerecht werden. Spannend bleibt, welche Art der Demokratiebildung die CDU zulässt.
Karin Prien erklärte zu ihrer Vereidigung als Bundesbildungsministerin am 7. Mai, sie wolle in ihrem neuen Amt den »Chancen und Herausforderungen im Bildungssystem und in der Demokratiebildung« gerecht werden. Spannend bleibt, welche Art der Demokratiebildung die CDU zulässt.

Mit dem am 5. Mai unterschriebenen Koalitionsvertrag und der Ministerienverteilung der CDU/CSU und SPD ändert sich einiges, auch in Sachen Bildung. So ist die Bildungspolitik künftig nicht mehr dem Forschungsministerium zugeordnet, sondern siedelt über ins Familienministerium. Was daraus folgt, sind Veränderungen bei den Zuständigkeiten.

Die wohl wichtigste ist, dass der Bildungsweg von Kindern und Jugendlichen bis zum Schulabschluss nun innerhalb eines Ministeriums geregelt wird. Karin Prien (CDU), die zukünftig jenes Ministerium leitet, war zuvor Bildungsministerin Schleswig-Holsteins und ist bundesweit für ihre fachliche Expertise bekannt. Sie setzte sich in den Koalitionsverhandlungen für die ministerielle Verschränkung von frühkindlicher Bildung, Kinder- und Jugendhilfe und Familienpolitik ein und verspricht sich im Interview mit der »FAZ« von der Fusion »riesige Chancen« für Deutschland. Diese gelte es nun auch politisch umzusetzen, so der Tenor der entsprechenden Interessenverbände.

»Themen wie frühkindliche Bildung, Sprachförderung und Bildung im Ganztag könnten auf diese Weise besser zusammengedacht werden, als wenn jedes Ministerium auf die jeweilige Zuständigkeit pocht.«

Nicole Gohlke Bildungsexpertin der Fraktion Die Linke im Bundestag

Nicole Gohlke, Bildungsexpertin der Fraktion Die Linke im Bundestag, erklärt mit Blick auf den Neuzuschnitt der Ministerien: »Themen wie frühkindliche Bildung, Sprachförderung und Bildung im Ganztag könnten auf diese Weise besser zusammengedacht werden, als wenn jedes Ministerium auf die jeweilige Zuständigkeit pocht.« So hätte die Trennung des Bildungs- vom Familienministeriums den Ganztagsausbau unter anderem durch komplizierte Entscheidungsprozesse in die Länge gezogen. »Der Handlungsdruck in der Bildung und damit für Kinder und Jugendliche ist enorm«, so Gohlke. 

Damit spielt Gohlke auf die allgegenwärtige Bildungs- und Betreuungskrise an, die Kinder und Jugendliche aus armen Familien besonders stark trifft. Um dieser Ungleichheit entgegenzuwirken, haben Bundestag und Bundesrat im Oktober 2021 den einklagbaren Rechtsanspruch auf eine Ganztagsfördung in der Grundschule beschlossen. Das Ganztagsförderungsgesetz soll ab 2026 stufenweise eingeführt werden. Bis dahin muss sich noch einiges an der Versorgungslage ändern. Es braucht Investitionen in Räume, pädagogische Konzepte, mehr Fachkräfte und multiprofessionelle Teams.

Ein weiteres Projekt, das aus der vergangenen Legislaturperiode stammt, ist das Startchancenprogramm. Dieses, so die Ambitionen der neuen Bundesregierung, solle von Schulen auf Kitas ausgeweitet werden. An dem Projekt gab es jedoch bereits im vergangenen Jahr Kritik. Das Programm setzt nämlich eine Eigenbeteiligung voraus, um förderberechtigte Schulen zu unterstützen. Dadurch standen insbesondere ärmere Kommunen immer wieder mit den Landesregierungen im Konflikt über die Finanzierung.

Die Förderung der »Bildungsinfrastruktur«, die die neue Bundesregierung mit ihrem »Sondervermögen Infrastruktur« ankündigt, muss also in enger Zusammenarbeit der verschiedenen politischen Ebenen umgesetzt werden. Benedict Kurz und Gunhild Böth, die Sprecher*innen der Bundesarbeitsgemeinschaft Bildungspolitik der Linken, begrüßen daher die Zusammenführung des Bildungs- und Familienministeriums: »Es sieht erst einmal positiv aus, wenn man den Bildungsweg bis zum Schulabschluss in eine Hand legt.« Sie bemängeln jedoch, dass die berufliche Bildung weiterhin beim Arbeitsministerium bleibe. Der Übergang von Schule auf eine Hochschule oder in eine Ausbildung werde aktuell »insbesondere benachteiligten Jugendlichen schwergemacht«, so Kurz und Böth.

Die neue Ministerin des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Frauen, Senioren und Jugend (BMFSFJ) – die offizielle Abkürzung des Ministeriums beinhaltet noch nicht das »B« für Bildung – Karin Prien steht also vor einer Menge Herausforderungen. Neben der programmatischen Zusammenführung der Interessen von Lehrpersonal und Familien und der Finanzierung der geplanten Projekte steht zudem die organisatorische Fusion der Ministerien an: Von den 1200 Mitarbeiter*innen des bisherigen BMBF müssen die im Bildungsbereich tätigen nun ihren Arbeitgeber wechseln.

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