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»Compact« bleibt legal
Bundesverwaltungsgericht hält verfassungsfeindliche Inhalte des rechten Magazins nicht für prägend
T-Shirts mit dem Aufdruck »Bundesregierung-Besieger«, Silbermünzen mit dem Konterfei von Jürgen Elsässer und seiner Frau Stephanie, ein günstigeres Abonnement und der unvermeidliche Bademantel, mit dem Jürgen Elsässer vor einem Jahr, als das Magazin »Compact« verboten wurde, die Polizei begrüßte: Im Hause Elsässer ist man nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, dass »Compact« nicht verboten wird, in Feierlaune und will möglichst viel verkaufen. Dass man sich bei dem extrem rechten Magazin nun auch noch als Sieger gegen die Bundesregierung präsentieren kann, dürfte ordentlich Geld in die Kassen spülen. Erfolgreich im Widerstand gegen die Bundesrepublik, so posieren Elsässer und »Compact« gerne.
Im Juli 2024 hatte die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) »Compact« nach dem Vereinsrecht verboten. Die Argumentation des Innenministeriums: Was »Compact« betreibe, gehe weit über die Medienproduktion hinaus. Elsässer und Co. planten einen Umsturz, seien zentrale Akteure der extremen Rechten und verbreiteten verfassungsfeindliche Inhalte.
Grundsätzlich anderer Auffassung war das Bundesverwaltungsgericht nicht, es kam aber trotzdem zu einem anderen Schluss als die ehemalige Innenministerin. Der Vorsitzende Richter Ingo Kraft erklärte am Dienstagmorgen bei der Verkündung der Entscheidung zunächst, dass »Compact« mit zahlreichen Inhalten klar verfassungsfeindlich ist. An herausgehobener Stelle nannte Kraft dabei Martin Sellner und sein Konzept der »Remigration«. Sellner verletze, sofern er zwischen deutschen Staatsangehörigen mit und ohne Migrationshintergrund unterscheide, »das sowohl durch die Menschenwürde als auch das Demokratieprinzip geschützte egalitäre Verständnis der Staatsangehörigkeit«. Für das Gericht ist klar, dass sich »Compact« mit dem Konzept des österreichischen Identitären identifiziert. Formulierungen wie »unser Held« sprächen Bände. Auch dass der Pressesprecher der Partei Die Heimat (früher NPD) zu den Mitarbeitern von »Compact« gehöre, sei ein deutliches Zeichen für den völkischen Volksbegriff von Elsässers Unternehmen. Im Prozess mündlich vorgebrachte Relativierungen der Aussagen von Sellner und Co. sieht das Gericht nur als »prozesstaktische« Äußerungen und hält sie nicht für glaubhaft.
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Dennoch entschieden die Richter*innen, das Verbot aufzuheben. Das Grundgesetz garantiere »im Vertrauen auf die Kraft der freien gesellschaftlichen Auseinandersetzung« eine umfassende Meinungs- und Pressefreiheit. Ein Verbot sei nur verhältnismäßig, wenn sich »verfassungswidrige Aktivitäten« einer Vereinigung als »prägend« erweisen. Das sieht man beim Bundesverwaltungsgericht für »Compact« als nicht gegeben an. Eine Vielzahl der Äußerungen von »Compact« ließen sich als »überspitzte, aber letztlich im Lichte der Kommunikationsgrundrechte zulässige Kritik an der Migrationspolitik deuten«. Forderungen nach strengeren Einbürgerungsvoraussetzungen und höheren Integrationsanforderungen seien »für sich genommen« nicht als mit der Menschenwürde und dem Demokratieprinzip unvereinbar anzusehen. Außerdem habe »Compact« noch zahlreiche weitere Themen wie den Ukraine-Krieg, die Corona-Pandemie und Geschichtsrevisionismus, die den Schutz der Meinungsfreiheit genießen und ein Verbot nicht rechtfertigten, wie das Gericht erklärte.
Journalist*innenorganisationen wie Reporter ohne Grenzen (RSF) begrüßen die Entscheidung. »Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt: In einer Demokratie müssen die verbrieften Grundrechte berücksichtigt werden – auch wenn es angesichts extremistischer und rassistischer Inhalte eines Mediums schwer fällt, das zu akzeptieren«, sagt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. »Das Verbot eines Mediums durch eine politische Instanz wie das Bundesinnenministerium ist ein schwerer Eingriff in die Pressefreiheit. Wir beobachten weltweit, dass solche Eingriffe der Demokratie großen Schaden zufügen können.«
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