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- Fußball-EM der Frauen
Elisa Senß: Aufstieg zur Leistungsträgerin im DFB-Team
Die 27-jährige von Eintracht Frankfurt ist bei der EM im Mittelfeld gesetzt
An diesem Montag richten sich die deustchen Fußballerinnen in ihrem Teamhotel in Zürich ein, im Stadtteil Wiedikon auf dem Uetliberg. Mit dabei: Elisa Senß. Die 27-Jährige spielt bei der Europameisterschaft in der Schweiz vom 2. bis 27. Juli erstmals eine entscheidende Rolle bei einem großen Turnier.
Die gebürtige Oldenburgerin ist die wohl am meisten unterschätzte Nationalspielerin, obwohl sie seit dem Amtsantritt von Christian Wück in neun von zehn Länderspielen in der Startelf stand. Der Bundestrainer setzt auf sie: »Sie hat Fähigkeiten, die nur selten im Fußball der Frauen zu sehen sind.« Nicht die Strategin Sjoeke Nüsken vom FC Chelsea, sondern die Kämpferin von Eintracht Frankfurt ist im Mittelfeldzentrum des achtfachen Europameisters gesetzt. Bei den Olympischen Spielen hielt Senß die Jokerrolle nicht davon ab, mit einem »Tor des Monats« gegen Sambia zu verblüffen. Bei der EM will sie nun nicht mehr nur punktuell vorangehen: »Ich hatte mich relativ spät entwickelt. Ich habe immer kleine Steps genommen, die mir gut getan haben.«
Starker Ersatz für Lena Oberdorf
Senß debütierte erst im Dezember 2023 im DFB-Team, nachdem Interimstrainer Horst Hrubesch sich ein Pokalspiel von Bayer Leverkusen beim HSV angesehen hatte. »Ich bin sehr dankbar, dass er mir eine Chance gegeben hat«, erklärt sie rückblickend. Was Hrubesch im Herbst 2023 vor der Hamburger Haustür sah, beeindruckte ihn. Das 55-Kilo-Leichtgewicht gewann gefühlt jeden Zweikampf. Bei der ganzen Debatte um die Rückkehr von Lena Oberdorf ging ziemlich unter, dass die nur 1,61 Meter große Senß die Lücke sportlich geschlossen hat.
Senß ist in jedem direkten Duell anzusehen, wie viel Gefallen sie daran findet. »Ich führe unglaublich gerne Zweikämpfe. Das macht mir echt Spaß. Ich komme auch gut in die Duelle rein«, sagt sie. »Ich mag das Aggressive, das Eklige. Ich weiß genau, wann ich meinen Körper reinstellen muss.« Ihr Trick? »Ich habe einen anderen Körperschwerpunkt, so dass ich nicht Schulter an Schulter drücke.«
Ihr Aufstieg zur Leistungsträgerin ist auch deshalb verblüffend, weil sie während ihrer Zeit bei der SGS Essen bis vor drei Jahren tagsüber noch auf der Krankenstation in der Unfallchirurgie als Medizinische Fachangestellte gearbeitet hatte. An OP-Tagen auch von 7 bis 16 Uhr – erst danach ging es zum abendlichen Training zum Bundesligisten nach Essen-Schönebeck. »Meine Hauptaufgabe war ärztliche Assistenz. Mir hat das super viel Spaß gemacht, weil ich Menschen auch sehr gerne helfe.« Inzwischen sei sie allerdings dankbar, »dass ich nur Fußball spielen kann«.
Titel als Ziel
Zu gewisser Berühmtheit hat es auch ihr Lebensgefährte Felix Casalino gebracht, der früher als Influencer große Reichweiten mit gemeinsamen Bildern generierte. Mit solchen Aktivitäten habe ihr Freund aufgehört, verriet Senß beim Medientag: Er arbeite mittlerweile im Sportmarketing und spiele bei SpVgg Fechenheim 03. Er wechselte auch deshalb in die Gruppenliga, weil er mit seiner Freundin nach Frankfurt ziehen wollte: Senß unterschrieb im vergangenen Sommer einen bis 2027 laufenden Vertrag bei der Eintracht, »um Titel zu gewinnen«.
Die anstehende Neuausrichtung bei der Eintracht betrachtet Senß pragmatisch: »Ein Umbruch ist völlig normal: Spielerinnen kommen, Spielerinnen gehen. Das ist auch eine neue Chance. Im nächsten Jahr plane ich mit der Eintracht.« Hört sich allerdings so an, dass sich die von Jörg Neblung vertretene Nationalspielerin nächsten Sommer einen Wechsel vorstellen könnte. Die Zahl der Interessenten insbesondere aus dem Ausland dürfte sich bei einer halbwegs erfolgreichen EM noch deutlich vergrößern.
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