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- Urananreicherung
Iran will sein Atomprogramm fortsetzen
Verhältnis zur Internationalen Atomenergiebehörde bleibt weiter äußerst angespannt
Teheran. Der Iran will rund eine Woche nach der Bombardierung seiner wichtigsten Atomanlagen weiter am landeseigenen Nuklearprogramm festhalten. »Solange die Islamische Republik Iran Mitglied des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NPT) ist, muss sie in der Lage sein, ihre Rechte wahrzunehmen«, erklärte Außenamtssprecher Ismail Baghai in Teheran. »Die Rechte des Irans als Mitglied dieses Vertrags sind völlig klar – darunter das Recht auf die friedliche Nutzung der Kernenergie.«
Baghai sagte weiter, ein neues iranisches Gesetz, das die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) vorübergehend aussetzen soll, sei für seine Regierung bindend. Den Forderungen der IAEA nach Zugang zu den iranischen Atomanlagen erteilte er eine Absage. Derweil sprach Irans Vizeaußenminister eine Vorbedingung zur Wiederaufnahme der Gespräche mit den USA über das Atomprogramm aus.
Ausmaß der Schäden unbekannt
Israel hatte am 13. Juni den Iran angegriffen und landesweit Ziele bombardiert. Als Begründung führte die Regierung die Bedrohung durch Irans umstrittenes Atomprogramm an. Israel befürchtet, die Islamische Republik könnte eine Atombombe bauen. Der Iran bestreitet dies und reagierte mit Raketen- und Drohnenangriffen. Am Sonntag vor einer Woche traten die USA in den Krieg ein und bombardierten die wichtigsten Atomanlagen im Iran.
Wie groß die Schäden sind, ist weiterhin unklar. Offiziellen Angaben zufolge wurden auf iranischer Seite 935 Menschen getötet, darunter 38 Kinder und 132 Frauen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna unter Berufung auf einen Justizsprecher. Das in den USA ansässige Menschenrechtsnetzwerk HRANA berichtete am Wochenende von fast 1190 Toten, darunter mindestens 436 Zivilisten. Die Aktivisten stützen sich auf Informanten und öffentlich zugängliche Quellen.
US-Präsident Donald Trump hatte nach Beginn der Waffenruhe vergangene Woche auf dem Nato-Gipfel neue Gespräche mit dem Iran über das Atomprogramm für diese Woche angekündigt, nannte allerdings keine Details. Am Freitag sagte er, er würde Irans Atomanlagen erneut bombardieren lassen, falls es wieder Sorgen über Teherans Urananreicherung gebe.
USA sollen auf Angriffe verzichten
Aus Teheran kam keine direkte Zusage zu dem US-Gesprächsangebot. Die USA müssten weitere Angriffe auf den Iran ausschließen, wenn sie die diplomatischen Gespräche wieder aufnehmen wollen, sagte Irans stellvertretender Außenminister Madschid Tacht-Rawantschi in einem in der Nacht zum Montag veröffentlichten Interview des britischen Senders BBC. Die US-Regierung habe seinem Land über Vermittler mitgeteilt, dass sie zu Verhandlungen zurückkehren wolle, aber »keine klare Position« zur »sehr wichtigen Frage« weiterer Angriffe bezogen.
Der Iran werde darauf bestehen, Uran für friedliche Zwecke anreichern zu dürfen, sagte Tacht-Rawantschi der BBC und wies Vorwürfe zurück, der Iran arbeite heimlich an der Entwicklung einer Atombombe. Sein Land sei »vom Zugang zu nuklearem Material« für sein Forschungsprogramm ausgeschlossen worden. »Über das Niveau kann man reden, über die Kapazität kann man reden, aber zu sagen, dass ihr keine Anreicherung haben dürft, null Anreicherung, und wenn ihr nicht einverstanden seid, werden wir euch bombardieren – das ist das Gesetz des Dschungels«, sagte der Vizeaußenminister.
Drohungen gegen Trump und Grossi
Ein einflussreicher iranischer Geistlicher drohte unterdessen US-Präsident Donald Trump indirekt mit dem Tode. Großajatollah Nasser Makarem Schirasi nannte Trump zwar nicht direkt beim Namen, wies aber in einer am Sonntag veröffentlichten religiösen Stellungnahme darauf hin, dass Drohungen gegen Irans Führer Ali Chamenei im Islam mit dem Tod bestraft werden. Trump hatte vor knapp zwei Wochen auf Truth Social geschrieben, Chamenei sei ein leichtes Ziel. »Wir werden ihn nicht ausschalten (töten!), zumindest nicht im Moment.«
Todesdrohungen gab es auch gegen IAEA-Chef Rafael Grossi. Er hatte nach den Angriffen Zugang zu den beschädigten Anlagen gefordert, um die iranischen Bestände an angereichertem Uran überprüfen zu können. Die Regierung in Teheran lehnt dies ab. Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi verurteilte die »boshaften Absichten« Grossis.
Die ultra-konservative Zeitung »Kayhan« beschuldigte Grossi mit Bezug auf Israel anschließend, »Spion des zionistischen Regimes« zu sein, und forderte seine Hinrichtung. Paris, Berlin und London verurteilten den Gewaltaufruf und sicherten Grossi ihre volle Unterstützung bei der Ausübung seines Amtes zu. Der iranische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Amir Saeid Iravani, erklärte am Sonntag, dass es »keine Bedrohung« gegen Grossi oder die Inspektoren gebe. Die Inspektoren im Iran seien sicher. Agenturen/nd
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