Magdeburger Schule: Bernd Berkhahns Schwimmer dominieren die WM

Auf den langen Freistilstrecken ist die Trainingsgruppe aus Magdeburg einzigartig stark

  • Andreas Morbach
  • Lesedauer: 4 Min.
Erfolgstrainer Bernd Berkhahn (r.) und der aktuelle Vierfach-Weltmeister Florian Wellbrock (3.v.r.) im Gespräch
Erfolgstrainer Bernd Berkhahn (r.) und der aktuelle Vierfach-Weltmeister Florian Wellbrock (3.v.r.) im Gespräch

Das Studium der Zeitpläne bei großen internationalen Meisterschaften gehört für Lukas Märtens zur Routine, die aktuell in Singapur laufenden Weltmeisterschaften bereiteten ihm dabei allerdings etwas Kopfzerbrechen. Denn weniger, das gilt auch für die besten Schwimmer auf diesem Globus, ist meistens mehr. Deshalb startet der gebürtige Magdeburger bei diesen Titelkämpfen nur auf drei Einzelstrecken.

Schwere Entschiedung, leichter Vorlauf

Eigentlich hatte sich der 23-Jährige für vier Konkurrenzen qualifiziert, nach längeren Überlegungen strichen er und sein Heimtrainer Bernd Berkhahn dann die 200 zugunsten der 800 Meter Freistil. »Das war wirklich eine sehr schwere Entscheidung«, erzählt Märtens »nd«. Schließlich war er über die vier Bahnen Kraul mit der weltweit drittschnellsten Zeit in diesem Jahr nach Singapur gereist. Noch etwas besser ist der aktuelle Weltmeister über 400 Meter Freistil in diesem Jahr aber über die zweitlängste Distanz im Pool: Schneller über die 800 Meter war 2025 nur der Hannoveraner Sven Schwarz. Den Vorlauf am Dienstag ging die aktuelle Nummer eins auf der Welt dann vergleichsweise dezent an. »Es war ein bisschen anschnuppern, gucken, was die anderen machen. Keiner wollte die Karten so richtig auf den Tisch legen«, kommentierte Schwarz seinen dritten Platz über die 800 Meter locker.

Lukas Märtens, als Siebter für das Finale an diesem Mittwoch qualifiziert, musste zwar etwas mehr kämpfen, ist seit seinem Sieg über die halbe Distanz zum Auftakt der Beckenwettbewerbe aber im Reinen mit sich. »Mein Soll hier ist erfüllt, deshalb bin ich ganz entspannt«, betonte Märtens, der vor der WM einen speziellen Gedanken zu den 800 Metern Freistil geäußert hat: »Da habe ich den kleinen extra Ansporn, mir meinen deutschen Rekord wiederzuholen.« Den hatte ihm Schwarz bei den nationalen Meisterschaften Anfang Mai in Berlin abgeluchst. Und damit brach der gebürtige Wunstorfer auch in die Magdeburger Phalanx der deutschen Spitzenschwimmer auf den langen Freistilstrecken ein.

Dominanz im Becken und Freiwasser

Der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) dominiert im Pool vor allem bei den Männern auf den Distanzen ab 400 Metern. Im Freiwasser zeigte sich die von Bernd Berkhahn betreute Magdeburger Trainingsgruppe zuletzt sogar nahezu unbesiegbar: Sechs der sieben WM-Titel in Singapur gingen an Schwimmerinnen und Schwimmer, die unter Berkhahn in Sachsen-Anhalts Hauptstadt trainieren, auch die australische Doppelweltmeisterin Moesha Johnson. Ganz vorneweg aber: Florian Wellbrock mit vier Titeln, darunter der Erfolg mit der deutschen Freiwasserstaffel mit den Magdeburger Trainingspartnern Oliver Klemet, Isabel Gose und Celine Rieder.

Bei seinem einzigen Start im Becken geht Wellbrock am Wochenende nun als Favorit über 1500 Meter Freistil ins Rennen. Einer seiner härtesten Widersacher dürfte dann Sven Schwarz sein, in der aktuellen Weltrangliste auf Rang zwei hinter Wellbrock. Nicht mit dabei ist Freiwasserweltmeister Klemet: Der gebürtige Hesse, seit drei Jahren in Magdeburg, ist über die Marathondistanz im Pool die Nummer drei auf der Welt. Auf den Startblock dürfen bei der WM jedoch nur zwei Athleten pro Nation.

Akribischer Arbeiter

Der Kopf dieser geballten Erfolge ist der gebürtige Schleswiger Berkhahn. Ende 2012 kam er nach Magdeburg, an dem vom DSV 2018 zum Bundesstützpunkt ernannten Standort arbeitet der 54-Jährige seit 2019 als Bundestrainer. Neben dem Bereich »Lange Strecken« ist Berkhahn seit dem 1. Juni in gleicher Funktion nun auch für das Freiwasserschwimmen zuständig. »Er ist ein Mensch, der diesen Sport lebt«, sagt Olympiasieger Märtens über den akribischen Arbeiter am Beckenrand. Regelmäßige Höhentrainingslager gehören unter dem gewissenhaften Chefcoach zum Standardprogramm. Zudem pflegt Berkhahn einen besonders intensiven Austausch mit dem Institut für angewandte Trainingswissenschaft in Leipzig.

Die großen Erfolge der Magdeburger Bahnenzieher haben längst auch die Dopingkontrolleure des Weltverbandes World Aquatics auf den Plan gerufen: Im ersten Halbjahr 2025 wurden die von Berkhahn gecoachten Schwimmerinnen und Schwimmer im Vergleich zum weltweiten Durchschnitt im Spitzenbereich doppelt bis dreimal so häufig getestet.

Viele Dopingkontrollen

Dem Chef der deutschen Schwimmelite kommt die hohe Taktung bei den Dopingkontrollen gar nicht mal so ungelegen. Als der Magdeburger Lukas Märtens im April den 16 Jahre alten Weltrekord von Paul Biedermann über 400 Meter Freistil unterboten hatte, diktierte Bernd Berkhahn der »Süddeutschen Zeitung« sogleich in den Block: »Wir dopen nicht. Unsere Athleten werden sehr häufig kontrolliert, sodass es unmöglich wäre, unentdeckt zu bleiben. Es ist unser Ehrgeiz, die anderen mit legalen Mitteln zu schlagen.«

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